Die Unabhängigkeit von Belarus ist aus Sicht Wladimir Putins ähnlich überflüssig und illegitim wie die der Ukraine oder Moldaus. Das weiß auch der Langzeit-Diktator der Ex-Sowjetrepublik, Alexander Lukaschenko. In diesem Zusammenhang ist wohl auch die überraschende Freilassung des gefährlichsten Gegners Lukaschenkos, Sergej Tichanowski, zu sehen: Dass Lukaschenko seinen „wertvollsten“ politischen Gefangenen ziehen ließ, ist eine Geste, mit der er sein Verhältnis zu den USA verbessern will. Dass er das ausgerechnet in der Phase tut, da Donald Trump sich von Putin abzuwenden scheint, ist auch eine Botschaft an Moskau. Lukaschenko versucht, sich ein wenig aus der eisernen Umarmung durch den russischen Bären zu lösen. Denn Lukaschenkos Regime ist eben nicht nur von der demokratischen Opposition bedroht.
Die weit größere Gefahr für den Belarus-Machthaber stellt Putin dar. Denn bei allzu forschen Alleingängen aus Minsk wird Putin nicht zögern, ihn zu entmachten. Der bauernschlaue Belarus-Herrscher laviert deshalb geschickt zwischen Unterwerfung unter Putin und Signalen an Trump. So schleust Lukaschenko zwar im Auftrag Moskaus Flüchtlinge aus Belarus nach Europa, um die EU zu destabilisieren. Gleichzeitig sind Befürchtungen nicht wahr geworden, dass die Ukraine auch von Belarus aus angegriffen wird. Lukaschenko bleibt eine Schlüsselfigur. Ihn wie die EU aus moralischem Rigorismus zu schneiden, mag verständlich sein – klüger ist es, wie Trump mit ihm zu dealen.KLAUS.RIMPEL@OVB.NET