Geheimnis um die Gehälter

von Redaktion

Wie viel die Fraktionschefs von SPD und Union, Matthias Miersch und Jens Spahn, verdienen, ist nicht öffentlich.

Sie haben ihre Gehälter verdoppelt: AfD-Fraktionschefs Alice Weidel und Tino Chrupalla. © Nietfeld/dpa (2)

München – Anfang Juni, da positionierte sich die AfD noch als die Partei des Normalverdieners. Gerade hatte der Bundestag die automatische Diätenerhöhung für Abgeordnete beschlossen. Künftig sollen sie eine sogenannte Entschädigung von knapp 12 000 Euro erhalten, im Monat. Die AfD stimmt dagegen und wütete. Es könne nicht sein, „dass die Menschen in normalen Beschäftigungsverhältnissen um ihre Lohnerhöhungen kämpfen müssen, während Abgeordnete ihre Erhöhung einfach durchgewunken bekommen“, erklärte Stephan Brandner, Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion, damals.

Keine drei Wochen später veröffentlicht das Nachrichtenportal „t-online“ eine brisante Recherche. Demnach hat die AfD-Bundestagsfraktion die Zulagen für ihre Chefs und andere Vorstandsmitglieder der Fraktion kurzerhand und ganz lautlos verdoppelt. Das heißt: AfD-Chefs Alice Weidel und Tino Chrupalla bekommen auf ihre Diäten noch einmal 12 000 Euro drauf. Das macht 24 000 Euro monatlich, für jeden.

Vergangenen Sonntag wird Weidel im ARD-Sommerinterview darauf angesprochen. Dabei rechtfertigt sie ihre saftige Gehaltserhöhung mit wachsender Verantwortung. Die AfD habe lediglich nach fast acht Jahren das Gehalt der Vorstände und Vorsitzenden auf das „übliche Niveau der anderen Fraktionen und Parteien angehoben“, erklärt Weidel, während auf der anderen Seite der Spree die Trillerpfeifen tönen.

Weidel weiß, dass es für Außenstehende, ja auch für die eigenen Wähler gewöhnungsbedürftig ist und dieser Schritt komme „natürlich auch sehr groß vor“, sagt sie. Aber eine Verdoppelung der Wahlergebnisse rechtfertige eben eine Verdopplung der Zulagen, lautet ihre Gleichung. Und ohnehin sei die AfD die einzige Fraktion, die „ganz transparent“ mit ihren Finanzen umgehe. Dass die AfD-Fraktionschefs den genauen Betrag ihrer Gehaltserhöhung gar nicht selbst öffentlich gemacht haben, laut „t-online“ sogar nicht einmal in der Abstimmung der eigenen Fraktion vorgelegt haben, lässt sie dabei unter den Tisch fallen. Sie sollte einfach durchgewunken werden.

Dass andere Parteien ihre Finanzen nicht offenlegen, stimmt nur bedingt. So schlüsseln etwa die Grünen auf ihrer Webseite die genaue Prozentzahl der Zulage für ihre Fraktionsmitglieder auf. Die Vorsitzenden, also Katharina Dröge und Britta Haßelmann, bekommen 50 Prozent ihrer Diäten extra – also knapp 6000 Euro mehr monatlich. Ihre Stellvertreter erhalten 20 Prozent (rund 2400 Euro) extra. Die Linken verzichten eigenen Angabe zufolge auf solche Zusatzzahlungen.

CDU/CSU und SPD hüllen sich dagegen in Schweigen. Auf Anfrage unserer Zeitung teilt die Unionsfraktion lediglich mit, eine Aufschlüsselung „auf die einzelnen Funktionen geben wir grundsätzlich nicht öffentlich bekannt“. Wie hoch Jens Spahn für seine Tätigkeit als Unions-Fraktionschef entlohnt wird, kann also nur geschätzt werden.

Ein Anhaltspunkt gibt die Parteisteuer. Summen des „Handelsblatts“, wonach Spahn 1200 Euro pro Monat an die CDU abführen muss, so viel wie ein Bundesminister, lassen den Rückschluss zu, er wird also auch so viel wie ein Minister verdienen. Das hieße, dass ihm rund 10 000 bis 12 000 Euro pro Monat auf die Diät draufgepackt werden – ungefähr das finanzielle Niveau bei Weidel. Von der SPD gab es dagegen erst gar keine Antwort auf eine Anfrage unserer Zeitung.

Möglich ist eine solche Geheimniskrämerei nur, weil die Bundestagsfraktionen ihre Zulagen selbst festlegen können. Bei den meisten Bundesländern – elf von 16 – wird die Extrazahlung gesetzlich geregelt. In Bayern bestimmen die Fraktionen zwar selbst über ihre Zulagen, veröffentlichen sie dann aber auch im jährlichen Rechnungsbericht. So ist aus den aktuellsten Daten von 2023 herauszulesen, dass ein CSU-Fraktionsvorsitzender heruntergerechnet rund 13 000 Euro monatliche Zulagen bekommt. Bei den Freien Wählern sind es demnach gut 11 000 Euro extra.

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