Schnellere Aufrüstung: Boris Pistorius. © Kneffel/dpa
München/Berlin – Im Grunde ist die Sache gar nicht so kompliziert. „Wenn der Tank voll ist, aber die Leitung nicht ganz frei, nützt der volle Tank nicht viel“, sagt Boris Pistorius. Der Tank, das ist in diesem Vergleich der deutsche Verteidigungsetat. Die Leitung, das ist die deutsche Bürokratie. „Nicht ganz frei“ ist da eine hübsche Untertreibung. Streng genommen fließt der Treibstoff durch die Rohre des Bundeswehr-Beschaffungswesens nur tröpfchenweise.
Das soll sich nun ändern. Mit dem Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz. Der Titel klingt wie eine Parodie, doch inhaltlich soll das Gesetz, dessen Entwurf gestern das Kabinett passierte, tatsächlich die Vorgänge straffen. Man entschärfe einen „Wust von Regelungen, ich nenne es mal Behinderungen“, sagt der Verteidigungsminister.
Betroffen ist sowohl der Kauf von Rüstungsgütern als auch die Stärkung der Infrastruktur. So soll die Ausschreibungspflicht bei Rüstungsaufträgen gelockert werden, bei besonderer Dringlichkeit kann sie ganz entfallen. Eine erhebliche Entlastung verspricht sich die Bundesregierung durch die Anhebung von Wertgrenzen für Direktvergaben von Aufträgen. Von bisher 15 000 Euro soll sie auf 443 000 steigen, erst darüber ist eine öffentliche Ausschreibung notwendig. Rund 8000 Aufträge sollen dadurch schneller bearbeitet werden können. Bei Bauvorhaben soll die Schwelle auf eine Million Euro steigen, das betrifft aktuell rund 4000 Aufträge. Beschwerden vor Gericht nach Vergaben sollen keine aufschiebende Wirkung haben.
Markante Änderungen gibt es auch bei Bauvorhaben, zum Beispiel bei Kasernen oder Militärflughäfen. Umweltstandards können gelockert werden, zivile Projekte müssen zurückstehen, wenn die militärische Infrastruktur tangiert wird. Das kann etwa beim Bau von Windrädern der Fall sein, die den Betrieb von Radaranlagen stören könnten.
Eine bessere Zusammenarbeit mit der Industrie und stärkerer Wettbewerb soll auch dadurch erreicht werden, dass das Ministerium bei Vorauszahlungen künftig unbürokratischer agiert. Speziell junge Unternehmen sind darauf angewiesen, dass Gelder rasch fließen. In Bereichen wie der Drohnenentwicklung sind viele Start-ups aktiv, die nicht immer über Reserven verfügen.
Am Nachmittag empfing Pistorius Vertreter der Rüstungsindustrie. Mit der Beschleunigung der Bürokratie nimmt er auch die Unternehmen in die Pflicht, Tempo aufzunehmen. Zuletzt waren einige schmerzhafte Verzögerungen bekannt geworden. Bei der Fregatte F 126, einem zentralen Projekt der Marine, liegt der niederländische Hersteller rund zwei Jahre hinter dem Zeitplan zurück, auch bei einem Radpanzer und dem Digitalfunk hakt es empfindlich. MARC BEYER