Palästinensisches Kind bei Verteilaktion. © Ashtawy/dpa
Gaza – Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt im Gazastreifen vor einer tödlichen Hungerkrise. „Die 2,1 Millionen Menschen, die im Kriegsgebiet Gaza gefangen sind, sehen sich neben Bomben und Kugeln mit einem weiteren Killer konfrontiert: dem Hungertod“, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus in Genf. „Wir erleben täglich einen Anstieg der Todesfälle aufgrund von Unterernährung.“
Seit Mitte Juli seien die Zentren überfüllt, die Kinder mit akuter Unterernährung aufnehmen. Sie hätten nicht genügend Spezialnahrung, um sie notdürftig zu versorgen. Seit Anfang des Jahres seien mindestens 21 Kindern unter fünf Jahren durch Mangelernährung gestorben. Diese Fälle habe die WHO selbst dokumentiert. Nach Angaben des Welternährungsprogramms (WFP) lebt inzwischen ein Viertel der Bevölkerung „unter hungernotähnlichen Bedingungen“.
Viele Anwohner des Gazastreifens berichten, dass sie von nur einer Mahlzeit am Tag lebten. Lebensmittel auf den Märkten seien völlig überteuert. Es gebe dort auch kaum mehr etwas zu kaufen. Die Menschen sind deshalb auf Hilfslieferungen angewiesen, von denen es aus ihrer Sicht viel zu wenige gibt.
Nach Angaben des UN-Menschenrechtsbüros sind bereits mehr als 1000 Menschen umgekommen, als sie versuchten, an Lebensmittel zu kommen. 766 seien nahe den umstrittenen Verteilzentren der Gaza Humanitarian Foundation (GHF) getötet worden, andere in der Nähe von Hilfskonvois, die oft von Verzweifelten gestürmt werden, sagte ein Sprecher.
Die 28-jährige Hiba al-Chatib berichtet, vor Kurzem habe ihr ein Mann seinen Ellenbogen hart in die Brust gerammt und ihr dann eine Kiste mit Essen gestohlen. Sie sagt, es sei ein Hilfspaket der GHF gewesen. Die Fahrer würden die Pakete einfach hinwerfen und dann wegfahren. Andere Anwohner bestätigen diese Schilderungen. Die Stiftung äußerte sich auf Anfrage nicht dazu.
„Jeden Tag sterben Menschen aufgrund fehlender humanitärer Hilfe, und wir beobachten, wie sich diese Situation von Tag zu Tag verschärft“, sagte Ross Smith, Direktor für Noteinsätze beim WFP. „Die Unterernährung nimmt rapide zu“, teilte die Organisation mit. „90 000 Frauen und Kinder benötigen dringend medizinische Behandlung.“
Die „Times of Israel“ zitierte jüngst einen ranghohen israelischen Sicherheitsbeamten, wonach das Militär keine „Hungersnot“ festgestellt habe. Er sagte dem Bericht zufolge aber, dass es Maßnahmen brauche, um die humanitäre Lage dort zu stabilisieren. Im Gazastreifen gebe es zwar Hunger, sagte ein Regierungssprecher. Daran sei aber nicht Israel Schuld. Die Hamas versuche, die Verteilung von Hilfsgütern an die Bevölkerung zu verhindern und kapere Hilfstransporter und verkaufe sie zu horrenden Preisen an Händler weiter und bezahle davon ihre Kämpfer.