Landtag: AfD löst Eklat aus

von Redaktion

Clinch mit der AfD: Landtagspräsidentin Ilse Aigner. © dpa/Archiv

München – Zunächst beginnt alles noch sehr staatstragend. Fast klingt es, als übe Ilse Aigner schon mal für Schloss Bellevue. „Einander zuzuhören“, das sei „zentraler Bestandteil unserer politischen Kultur“, sagt die Landtagspräsidentin, die zuletzt immer wieder als mögliche Nachfolgerin von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gehandelt wurde.

Und auch wenn Aigners Schlussworte vor der Sommerpause des Parlaments im Münchner Maximilianeum erklingen, ist der Ausgangspunkt ein bundespolitischer: Nämlich das ARD-Sommerinterview mit AfD-Chefin Alice Weidel, das am Wochenende von Störern so übertönt wurde, dass Zuschauer kaum noch etwas verstehen konnten. Für Aigner ein Unding. Und zwar nicht nur von den AfD-Gegnern, die das Gespräch gezielt sabotierten, sondern auch von der ARD, wie sie klarmacht. „Dieses Interview hätte abgebrochen werden müssen.“ Stattdessen hätte die Rundfunkanstalt das Gespräch „in ein Studio“ verlegen müssen.

Warum, das begründet Aigner, die nicht im Verdacht steht, eine heimliche AfD-Unterstützerin zu sein, dann ganz grundsätzlich. „Wir brauchen keinen Kulturkampf“, sagt sie – und appelliert: „Machen wir nicht bei der permanenten Suche nach der nächsten Empörung mit. Heizen wir die Debatten nicht unnötig an.“ Es gehe schließlich um nicht weniger, als „den Erhalt unserer freiheitlichen Demokratie“.

Und dann kommt die AfD. Da die Partei abgesehen von den Regierungsfraktionen die meisten Abgeordneten stellt, steht ihr – so der Brauch – das Schlusswort im Namen der gesamten Opposition zu. Doch Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner spricht nicht für alle, und schon gar nicht staatstragend. Im Gegenteil: „Sie werden es noch erleben: Ihr historisches Versagen macht uns zur stärksten Kraft in diesem Land“, kündigt sie den Abgeordneten an. Dann werde wieder „Politik für das eigene Volk“ gemacht.

„Frau Kollegin, es tut mir leid“, unterbricht Aigner den Konfrontationskurs. „Aber die traditionellen Schlussworte sind eigentlich nicht dazu geeignet, hier eine politische Debatte anzufangen.“ Ebner-Steiner spricht einfach weiter, geißelt die „Errichtung einer neuen Art von autoritärem Linksstaat“, bis Aigner erneut unterbricht, um auf die Gepflogenheiten hinzuweisen. Sie halte ihre Rede als stärkste Oppositionskraft so wie sie das wolle, entgegnet Ebner-Steiner – und fährt weiter fort. „Ich spreche jetzt hier für die Opposition“, sagt die AfD-Politikerin. Lauter Protest aus den Reihen der Abgeordneten. „Wenn sie jetzt nicht sich an die Regeln halten, werde ich die Sitzung unterbrechen und den Ältestenrat einberufen“, mahnt Aigner. Es gebe hierzu zwar keine geschriebene Regel in der Geschäftsordnung, aber „es gibt Traditionen und Gepflogenheiten – an die hat sich bisher jeder gehalten, auch von der Opposition.“

Ebner-Steiners Antwort fassen einige im Präsidium als implizierte Drohung auf: „Frau Präsidentin, Sie werden sich auch an neue Gepflogenheiten gewöhnen müssen.“ Es werde „nicht mehr lange dauern, bis die AfD an der Macht ist“, dann würden die Regeln eingehalten. Dann fährt sie erneut fort, beklagt das ihrer Meinung nach „von Dönerläden, Barbershops, Shishahändlern“ geprägte Bild deutscher Innenstädte, bis es Aigner endgültig reicht. „So, Frau Kollegin, ich beende das jetzt.“ Die Präsidentin entzieht Ebner-Steiner das Wort.

Anschließend spricht der Ministerpräsident. „So wie diese Rede gehalten wurde, ist klar, dass wir Demokraten zusammenhalten, damit Sie eben nicht jemals die Macht bei uns erlangen“, gibt Markus Söder (CSU) Ebner-Steiner noch mit auf den Weg. Für Unbeteiligte kurios: Nach Söder darf Ebner-Steiner erneut sprechen und setzt ihre Rede fort. Da sie diesmal kein Schlusswort hält, sondern offiziell auf Söder reagiert, lässt Aigner sie gewähren. Anschließend dürfen auch die anderen Fraktionen noch einmal sprechen.

Ob die Tradition der Schlussworte aufgrund des Eklats künftig geändert werden soll, will Aigner nach der Sommerpause mit den Fraktionen klären. Eine Tendenz scheint sie zu sehen. „Ich fürchte, eine Tradition wird heute zu Ende gehen“, sagt die Präsidentin, bevor sie die Sitzung auflöst.

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