Demonstrantin vor dem Gerichtshof. © Selg/dpa
Berlin – Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) erhofft sich von dem Klimagutachten des Internationalen Gerichtshofes (IGH) Rückenwind für den weltweiten Kampf gegen die Erderwärmung. „Ich wünsche mir, dass die Staatengemeinschaft dieses Gutachten zum Anlass nimmt, das Engagement für den Klimaschutz zu verstärken und die internationale Zusammenarbeit zu verbessern“, sagte Schneider.
Das höchste UN-Gericht habe deutlich gemacht, dass Klimaschutz eine „Menschheitsaufgabe“ sei. Niemand dürfe sich aus der Verantwortung stehlen – „und schon gar nicht Länder mit einem hohen Pro-Kopf-Ausstoß an Klimagasen“.
Der IGH hatte am Mittwoch ein wegweisendes Rechtsgutachten zu den Klimaschutzpflichten der Staaten veröffentlicht. Darin betonte das Gericht in Den Haag die Verbindlichkeit bestehender Klimaverträge wie der UN-Klimarahmenkonvention oder des Pariser Klimaabkommens und begründete eine Pflicht zum Schutz des Klimasystems zugleich aus Menschenrechtsnormen und dem Völkergewohnheitsrecht.
Auch UN-Generalsekretär António Guterres begrüßte das Gutachten. Der IGH mache deutlich, dass alle Staaten völkerrechtlich zum Klimaschutz verpflichtet seien. Dies sei ein Sieg für „unseren Planeten“ und die Klimagerechtigkeit.
Seit Jahren gibt es eine Debatte über die Frage, ob besonders von der Klimakrise betroffene Länder oder Gemeinschaften – etwa die pazifischen Inselstaaten – einen Anspruch auf Entschädigung haben. Dahinter steht eine fundamentale Gerechtigkeitsfrage: Denn häufig leiden besonders Menschen in jenen Ländern am stärksten unter den Folgen der Erderwärmung, die aufgrund ihrer geringen Treibhausgasemissionen kaum dazu beigetragen haben. Der IGH stellt nun grundsätzlich fest, dass Versäumnisse beim Klimaschutz eine Verletzung des Völkerrechts darstellen können. Daraus könnten auch Ansprüche auf Entschädigungszahlungen folgen. Jedoch müsse dafür unter anderem ein ausreichender Zusammenhang zwischen Ursache und Folge nachgewiesen werden.
Umweltorganisationen und Völkerrechtler hatten die Rechtsauffassung aus Den Haag ebenfalls als richtungsweisend gewürdigt. Zwar ist das Gutachten für einzelne Staaten nicht unmittelbar bindend, aber es entfaltet politisch und rechtlich eine große Signalwirkung, etwa für kommende Klimaverfahren vor nationalen Gerichten.
Der IGH war 2023 von der UN-Vollversammlung mit dem Gutachten beauftragt worden. Vorangetrieben hatte das der pazifische Inselstaat Vanuatu, dessen Bevölkerung aufgrund des steigenden Meeresspiegels besonders bedroht ist.