Kandidaten gesucht

von Redaktion

Noch sieben Monate: Bei der Kommunalwahl geht es im März 2026 in Bayern um fast 40 000 Mandate. © dpa

München – Das, was hinter vorgehaltener Hand gerade immer wieder Thema ist in der bayerischen Politik, will offiziell fast niemand deutlich bestätigen. Für 71 Landkreise und 2056 Gemeinden in Bayern werden am 8. März rund 39 500 kommunale Mandatsträger gesucht – und in nicht wenigen Gemeinden wird es zunehmend schwerer, genügend Menschen zu finden, die sich dafür zur Wahl stellen.

Wer in der oberbayerischen Lokalpolitik konkret nachfragt, stößt allerdings auf eher zugeknöpfte Gesprächspartner – vielleicht auch, weil es nicht leichter wird, wenn man öffentlich klagt. Sicherlich, früher sei es vielleicht einfacher gewesen, Kandidaten und Listen aufzustellen, hört man. Aber es sei ja auch noch lange Zeit bis zur Kommunalwahl. Tenor: Wird schon werden. Andere reagieren auf Anfragen gar nicht.

Hans-Peter Mayer, Direktor des bayerischen Gemeindetags, ruft hingegen zurück – und bestätigt: „Es ist herausfordernd geworden, geeignete Kandidaten für Gemeinderäte, Stadträte oder Bürgermeisterämter zu finden.“ Besonders Jüngere und Frauen, aber auch Menschen im mittleren Alter, die in Beruf und Privatleben sehr gefordert sind, seien schwer zu gewinnen. „Dabei bräuchte man gerade sie dringend in den Gremien“, sagt Mayer.

Und dann gibt es noch ein anderes Thema, das oft unter dem inzwischen recht abgegriffenen Etikett „Hass und Hetze“ thematisiert wird. Dass Anfeindungen gegen Lokalpolitiker – insbesondere in den Sozialen Medien – vorkommen, weiß natürlich auch Mayer. Doch wer ein solches Problem habe, „steht heute nicht mehr alleine damit“, sagt er. Die Staatsanwaltschaften würden ganz anders mit solchen Fällen umgehen als früher.

Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) betont gegenüber unserer Zeitung: „Zum Amt eines Bürgermeisters oder eines Gemeinderats gehört es nicht, Beleidigungen oder gar Bedrohungen im Netz oder in der realen Welt aushalten zu müssen.“ Die Gründe, weshalb sich jemand dagegen entscheidet, für ein kommunales Mandat zu kandidieren, könnten zwar vielfältig sein – „von der zeitlichen Belastung über die große öffentliche Aufmerksamkeit und Druck durch die Medien bis hin zur Angst vor persönlichen Angriffen“, sagt Herrmann. Ganz grundsätzlich aber sei es nicht hinnehmbar, „dass Menschen, die Verantwortung für unser Land übernehmen, eingeschüchtert und privat bedroht werden“. Es sei deshalb richtig, dass die „spezialisierten Ermittlungsstrukturen auf den gesamten Bereich der Hasskriminalität und politisch motivierten Kriminalität in der bayerischen Justiz“ erweitert würden.

Die Parteien selbst zeichnen auf Nachfrage unserer Zeitung ein gemischtes Bild. Während CSU und Freie Wähler bei der Kandidatensuche kein Problem sehen, betont die SPD zwar ihren Anspruch, „eine starke kommunalpolitische Kraft in Bayern zu bleiben“, stellt aber gleichzeitig fest: „Tatsächlich spüren auch wir neue Herausforderungen bei der Gewinnung von Kandidatinnen und Kandidaten.“ Eine gestiegene Polarisierung und auch die Sorge vor persönlichen Anfeindungen spielten hierbei durchaus eine Rolle, teilt ein Sprecher mit – und ergänzt: „Dennoch erleben wir auch weiterhin großes Engagement und Interesse an kommunalpolitischer Arbeit.“

Auch die FDP hat bereits die Erfahrung gemacht, dass es gerade abseits der urbanen Räume „nicht immer leicht“ sei, „genug Kandidaten für die Kreistagslisten und Gemeinderatslisten bayernweit zu finden“, wie der neue Landesvorsitzende Michael Ruoff unserer Zeitung sagt. Zumal die Liberalen Ruoff zufolge mit der besonderen Hürde zu kämpfen haben, dass sie für neue Listen Unterschriften sammeln müssen, weil sie bei den letzten Wahlen weniger als fünf Prozent der Stimmen holten.

Gisela Sengl, Bayern-Chefin der Grünen, geht hingegen davon aus: „Wir werden volle Listen für die Kommunalwahl stellen.“ Zahlen habe man zwar noch nicht vorliegen. Aber: „Wir sind optimistisch, dass wir flächendeckend gut aufgestellt sind.“

Die bayerische AfD reagierte auf eine Anfrage unserer Zeitung nicht.

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