Wie tief steckt Trump im Epstein-Strudel? Ein demokratischer Abgeordneter hält im US-Senat anklagend ein altes Foto der beiden in die Höhe. © Lamkey Rod/Picture Alliance
Washington – Am 10. August 2019 nahm sich der Investor und Millionär Jeffrey Epstein im Alter von 66 Jahren in der Untersuchungshaft das Leben. Die Wärter in New York, die eigentlich in kurzen Abständen ein Auge auf den Mann haben sollten, waren in eine längere Pause gegangen und hatten ihn dann erhängt aufgefunden. Epstein hatte sich damit der juristischen Aufarbeitung eines Skandals entzogen, in dessen Umfeld auch die Namen zahlreicher Prominenter gefallen sind. Der Hauptvorwurf der Anklage: Der Finanzjongleur soll mithilfe von Angestellten zahlreiche Frauen, darunter viele Minderjährige, rekrutiert haben, die er und seine Freunde dann sexuell missbrauchten. Die Zahl der Opfer wird bis heute auf mehr als 1000 geschätzt.
Kein Wunder also, dass sich die mit ihm in Verbindung gebrachten Persönlichkeiten – von Prinz Andrew über Bill Clinton bis hin zu Donald Trump – nach Kräften bemüht haben, Distanz zu Epstein und seinen Verbrechen zu suchen. Doch gerade für den amtierenden US-Präsidenten stellt dieses heikle Thema seit Wochen eine politische Belastung dar. Trump hatte sich im Wahlkampf ein aus heutiger Sicht verhängnisvolles Versprechen geleistet: Die Justiz werde trotz des Todes des Angeklagten alles offenlegen, was die Ermittler bisher gefunden hätten. Trumps Justizministerin Pam Bondi verkündete im Februar sogar: Die hochbrisante „Kundenliste“ Epsteins – also Personen, denen er Mädchen und Frauen zugeführt hatte – liege auf ihrem Schreibtisch. Und sie werde bald veröffentlicht.
Doch dann kam in diesem Monat der Rückzieher: Es gebe gar keine „Kundenliste“, hieß es plötzlich. Das stärkte natürlich den Argwohn gegenüber Trump – zumal das „Wall Street Journal“ berichtete: Die Justizministerin habe Trump im Mai mitgeteilt, dass auch sein Name in den Ermittlungsakten auftaucht. Ob dies in belastender Form geschieht, ist unklar. Trump beeilte sich jedenfalls, eines seiner zahlreichen Dementi in die Welt zu setzen: Die Ministerin habe ihn überhaupt nicht informiert, dass er in den Akten stehe.
Es gibt aber zahlreiche Fotos von Veranstaltungen, die Trump mit Epstein zeigen – zumeist in New York. Trump hatte ihn 2002 noch als „wunderbaren Kerl“ bezeichnet, 2019 behauptete er aber nach dem Suizid Epsteins, man habe sich „vor langer Zeit überworfen“. Trump habe, so die Sprachregelung, Epstein einst aus seinem Anwesen in Florida entfernen lassen, nachdem dieser versucht habe, mit der 14-jährigen Tochter eines Bekannten anzubandeln.
Doch es gibt keine Zweifel daran, dass Trump und Epstein fast zwei Jahrzehnte lang enge Freunde waren. Gegenüber dem „New York Magazine“ beschrieb Trump einst eine der Gemeinsamkeiten so: „Man sagt, dass er schöne Frauen so sehr wie ich mag, und viele von ihnen sind auf der jüngeren Seite.“ 2003 soll dann, so das „Wall Street Journal“, Trump eine Geburtstagskarte für Epstein eigenhändig mit der Skizze einer nackten Frau versehen und schlüpfrige Bemerkungen hinzugefügt haben. Auch dies verneint Trump heute und verklagte die Zeitung auf Schadensersatz in Höhe von zehn Milliarden US-Dollar. Eines der Opfer Epsteins gab gegenüber Ermittlern zu Protokoll, sie habe einst Trump in Epsteins Büro angetroffen. Auch dies bestreitet Trump. Doch als Ghislaine Maxwell, die wichtigste Mitarbeiterin des Sex-Straftäters, 2020 verhaftet wurde, gab es von Trump die Aussage: „Ich wünsche ihr alles Gute.“ Keine Kritik, keine Distanzierung.
Während man auch bei den Republikanern weiter auf die versprochenen Enthüllungen aus den Ermittlungsakten wartet, setzt der Trump, der Transparenz versprochen hatte, weiter auf Ablenkungsmanöver. Offenbar folgt Justizministerin Bondi strikt seinen Weisungen und dürfte keine tiefergehenden Ermittlungen anschieben.
Dennoch: Die Epstein-Saga ist für Trump nicht ungefährlich. Strategen der Demokraten sehen bereits einen großen Pluspunkt für die Kongress-Zwischenwahlen 2026, weil Trump mit seiner Strategie beweise, dass er am Ende doch nur die Elite im Land schützen wolle. Parteiintern könnte dieser Kurs vor allem Vizepräsident JD Vance gefährlich werden, der als aussichtsreichster Kandidat für die Trump-Nachfolge gilt. Nun scheint er angreifbar.
Vance nannte den „WSJ“-Bericht zu Trumps Geburtstagskarte für Epstein „kompletten Bullshit“ und stellte sich klar vor den Chef. Doch auf dem Kapitol wird nach der Sommerpause ein neuer Vorstoß von Republikanern erwartet, eine Veröffentlichung der Ermittlungsakten und der „Kundenliste“ zu forcieren.