Wenn es um Taiwan und China geht, blicken wir meist auf die Taiwanstraße: Kampfjets, Kriegsschiffe, Schießübungen – bei jedem Manöver stellt sich erneut die Frage, wie ernst es Peking diesmal meint. Doch am Beispiel Hongkongs hat sich längst gezeigt, wie die Kommunistische Partei gegen ihre Gegner vorgeht. Auch dort drohte China jahrelang mit einem Einmarsch – am Ende aber wurde die Demokratie Schritt für Schritt von innen ausgehöhlt.
Die gescheiterte Abwahl von 24 prochinesischen KMT-Abgeordneten in Taiwan ist Ausdruck einer gespaltenen Gesellschaft: Weil die KMT seit Monaten die Arbeit der Minderheitsregierung blockiert, wollten Zivilgesellschaften ein Fünftel ihrer Parlamentarier abwählen – und initiierten dafür mit einer großen Unterschriftensammlung eine Volksabstimmung. Nun sind sie gescheitert. Das ist nicht verwunderlich, denn China investiert massiv in Meinungsbeeinflussung und Manipulation: Laut dem Varieties of Democracy Institute ist kein Land stärker Ziel ausländischer Desinformation als Taiwan. Die KMT wiederum verstärkt Pekings Narrative. Etwa, wenn sie Präsident Lai als Diktator bezeichnet und mit Hitler vergleicht. Tatsächlich findet der Krieg um Taiwan längst statt. Still, schleichend, digital. Solange Peking damit Erfolg hat, braucht es für die Invasion weder Kriegsschiffe noch Kampfjets.