Eine ausführliche Runde Golf: US-Präsident Donald Trump am Sonntagmittag in Turnberry. © Tolga Akmen/EPA
15 Prozent auf alles: Ursula von der Leyen und Donald Trump gestern Abend bei ihrem mit Spannung erwarteten Zoll-Treffen in Schottland. © Brendan Smialowski/AFP
München/Turnberry – Die Welt in Aufregung? Er nicht. Betont gelassen spielt US-Präsident Donald Trump noch kurz vor dem Durchbruch der EU-Handelsgespräche eine Runde Golf. Der 79-Jährige nutzt seine Luxusanlage in Ayrshire, abgeschirmt von etlichen Sicherheitskräften in Golf-Karts. Er ruft Reportern auf die Frage nach den Chancen auf einen Deal zu: „50:50“. Sollte das mit Europa gelingen, wäre es für ihn „der größte Deal von allen“.
Ein paar Stunden später steht der Pakt. Die Schlussverhandlungen führt Trump in Schottland mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen; sie ist für Europa für die Verhandlungen zuständig und umschmeichelt ihn vor laufenden Kameras als „harten Verhandler“. „Wir haben eine Einigung erzielt. Es ist ein gutes Abkommen für alle“, sagt Trump: „Mächtig, großartig.“ Die Details sind noch nicht alle bekannt, aber die Grundlinie heißt: 15 Prozent US-Einfuhrzölle müssen die exportierenden Europäer berappen, auch auf Autos, Halbleiter und Pharmaprodukte. Umgekehrt: null Erhöhungen.
Der Handel USA-EU sei über Jahrzehnte ein einseitiges Geschäft gewesen, so Trump, für die USA „sehr unfair“. Die USA werde vom Agrarmarkt ausgeschlossen und verkaufe auch kaum Autos auf dem Kontinent. Das empfinde er als eine „rough situation“, also sinngemäß eine grobe Ungerechtigkeit. Fortan dürften die Europäer amerikanische Pickups kaufen, das werde sie „sehr glücklich machen“.
Teil des Deals nach Trumps Angaben: Die EU soll Energie im Wert von 750 Milliarden Dollar in den USA abkaufen, da dürfte es sich um das Flüssiggas LNG handeln. Die Europäer verpflichten sich demnach zudem, für 600 Milliarden Dollar in den USA zu investieren, etwa Fabriken zu bauen. Es soll größere europäische Käufe von US-Rüstungsgütern geben. Trump behauptet zudem, die US-Produkte einschließlich Landwirtschaft würden zollfrei in „alle Länder“ der EU gehen können. Ein „big deal“ sei das, befindet auch von der Leyen, das bringe Stabilität.
Damit ist klar: Trumps 30-Prozent-Drohung, die Europas Wirtschaft in eine tiefe Krise gestürzt hätte, ist vom Tisch. Für Autos wird der erhöhte Zollsatz von 25 Prozent ebenso auf 15 zurückgefahren, für Stahl- und Aluminiumprodukte oberhalb eines gewissen Kontingents werden aber Aufschläge von 50 Prozent fällig. Noch offen ist, welche Ausnahmen vom 15-Prozent-Satz es geben soll. Ein Entwurf vom Samstag auf Arbeitsebene sah noch Ausnahmen für wichtige Sektoren wie Flugzeuge, Holz und Spirituosen vor.
Vor allem aus Deutschland war der Druck auf von der Leyen gewachsen, schnell einen Deal zu finden. „Es ist gut, dass Europa und die USA sich geeinigt haben und so eine unnötige Eskalation in den Handelsbeziehungen vermeiden“, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz am Sonntagabend. EVP-Fraktionschef Manfred Weber lobte den Deal als „Schadensbegrenzung“, forderte aber nun neue Handelsabkommen Europas mit aller Welt. „Die EU bleibt stark“, sagte Weber.
US-Minister Lutnick betonte bei „Fox News“, die Frist werde nicht verlängert. „Keine weiteren Gnadenfristen. Am 1. August gelten die Zölle.“ Aber: Trump werde nach Inkrafttreten weiter bereit zu Gesprächen sein. Die USA importierten Regierungsangaben zufolge 2024 Waren im Wert von rund 606 Milliarden Dollar aus der EU. Die US-Exporte nach Europa beliefen sich auf 370 Milliarden. Rechnet man digitale Dienstleistungen ein, sind die US-Exporte viel höher.
In den vergangenen Wochen haben die USA bereits Abkommen mit Japan, den Philippinen, Indonesien, Großbritannien und Vietnam geschlossen. In allen Fällen werden bedeutend höhere Zölle bei Lieferungen in die USA fällig, als vor Trumps Zolloffensive. Der Republikaner will mit den Einnahmen daraus seine Steuersenkungsprogramme finanzieren und Unternehmen dazu bringen, ihre Produktion in die USA zu verlegen. Zu von der Leyen sagte er erneut, wer Zölle umgehen wolle, müsse Fabriken in den USA bauen – was Autokonzerne wie BMW allerdings längst getan haben.