Landtag: War der AfD-Eklat vermeidbar?

von Redaktion

Praxis der Schlussworte war schon ein Jahr vorher umstritten – Auch Kritik an Ilse Aigner

München – Es war ein Eklat, den es im Landtag so noch nicht gegeben hat. Vier Mal wies Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) am vergangenen Donnerstag AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner darauf hin, ihr Schlusswort für die gesamte Opposition nicht entgegen der Tradition für harte parteipolitische Angriffe zu nutzen – bis sie ihr schließlich das Wort entzog. Die AfD prangert einen „Angriff auf die demokratische Opposition“ an, die Landtagspräsidentin spricht von „eklatantem Missbrauch der Gepflogenheit“.

Im Parlament läuft die Manöverkritik – auch über Aigners Auftritt. Manche – darunter auch prominentere Parteifreunde – lassen hinter vorgehaltener Hand deutliche Kritik anklingen. Erst die Redefreiheit hochzuhalten und die ARD für den Umgang mit dem gestörten Interview mit AfD-Chefin Alice Weidel zu kritisieren, und kurz darauf selbst der AfD-Fraktionschefin das Wort abschneiden zu müssen – das sei nicht so gut gelaufen. Einen öffentlichen Vorwurf will Aigner aber niemand machen. Sie sei vor einem Dilemma gestanden, ist auch zu hören.

Ganz aus heiteren Himmel kam das Problem allerdings nicht. Bereits im vergangenen Jahr waren die Schlussworte der AfD-Fraktionschefin vielen aufgestoßen. Damals forderte Ebner-Steiner, sich aus dem russischen Angriff auf die Ukraine rauszuhalten, und kritisierte Bundes- und Landesregierung scharf. An sich für AfD-Maßstäbe nichts allzu Ungewöhnliches. Nur spricht die stärkste Oppositionskraft in ihrem Schlusswort eben traditionell für alle Oppositionsfraktionen. Das ging zwar auch vor der AfD nicht immer völlig ohne parteipolitische Einfärbung ab, das Maß war aber ein völlig anderes.

Und so waren die anderen Fraktionen nach Informationen unserer Zeitung schon nach dem Schlusswort 2024 im Austausch, ob man an der jahrzehntelangen Praxis nicht etwas ändern müsste. Man vertagte sich zunächst auf den frühen Sommer 2025. Dann standen zwei Varianten möglicher Änderungen zur Debatte, ist aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen zu hören.

Die eine: Es gibt künftig keine Schlussworte in bisheriger Form mehr. Ohnehin ist die bayerische Praxis in anderen Landesparlamenten unüblich, wo vor der Sommerpause höchstens das Landtagspräsidium noch ein paar Worte an die Abgeordneten richtet. Diese Idee soll allerdings den Grünen nicht gefallen haben, die wie die AfD 32 Sitze haben und vor der Wahl 2023 noch selbst die stärkste Oppositionskraft waren. Auf Nachfrage widerspricht deren Parlamentarischer Geschäftsführer Jürgen Mistol allerdings: „Aus unserer Sicht macht es Sinn, wenn die Präsidentin die Schlussworte für das gesamte Parlament spricht“ , sagt er – mit dem entscheidenden Nachsatz: „und niemand sonst“. Denn bisher kommt nach der Opposition auch noch der Ministerpräsident dran.

Die zweite diskutierte Variante: Ein rollierendes System, wonach jedes Jahr eine andere Fraktion die Schlussworte für die Opposition spricht. Das wiederum soll die CSU abgelehnt haben. Auf Nachfrage unserer Zeitung will die das so aber auch nicht bestätigen. Als Mehrheitsfraktion werde man sich vielmehr nicht ungefragt einmischen, sagt der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Michael Hofmann. „Wenn die Opposition untereinander einig ist, dass die Gepflogenheiten sich ändern sollen, hätten wir uns dem nicht verschlossen“. Eine Einigung der gesamten Opposition setzt allerdings auch das Einverständnis der AfD voraus – ein eher unwahrscheinliches Szenario. Es habe darüber hinaus im Ältestenrat aber auch gar keine entsprechenden Anträge gegeben, sagt Hofmann, weder „dass die bisherige Handhabung geändert werden soll, noch dass die AfD nicht für die Opposition sprechen soll“. Daher könne niemand behaupten, „die CSU hätte mitzuverantworten, wie es am Donnerstag zu dem Eklat gekommen ist“.SEBASTIAN HORSCH

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