Palantir: Streit um die Spitzel-Software

von Redaktion

Palantir-CEO Alex Karp hält einen Vortrag. © AFP

Berlin – Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) prüft laut „Stern“ den bundesweiten Einsatz der umstrittenen Analyse-Software des US-Unternehmens Palantir. Eine Sprecherin des Ministeriums bestätigte, dass dies „Gegenstand der noch andauernden Prüfung“ sei. Ein Ergebnis gebe es noch nicht. Es würden „verschiedene Optionen“ geprüft. Dabei gehe es sowohl um den Einsatz von auf dem Markt verfügbarer Software als auch „die Nutzung einzelner modularer Services“. Im europaweiten Vergabeverfahren habe bislang nur Palantir eine marktverfügbare Softwarelösung angeboten, die den Ansprüchen entsprochen habe.

Palantirs Software „Gotham“ wurde für Sicherheitsbehörden und Nachrichtendienste entwickelt. „Gotham“, ist darauf spezialisiert, große Mengen unstrukturierter Daten zu analysieren, visualisieren und verknüpfen. Konkret bedeutet das beispielsweise, Daten zu einzelnen Personen aus diversen Quellen zu einem Gesamtbild zusammenzufügen – etwa aus Polizeiregistern, dem Einwohnermeldeamt oder Social-Media-Kanälen. Durch die digitale Rekonstruktion der Personen sollen verdächtige Muster erkannt werden. In den Händen der Polizei hätte die Software lediglich Zugriff auf Informationen, die Ermittler ohnehin schon gesammelt haben. Davon wären jedoch nicht nur Verdächtige, sondern auch Zeugen oder Opfer betroffen.

Kritik an einem möglichen Einsatz kommt von SPD und Grünen. „Offenkundig sieht er sich als Lobbyist eines hochumstrittenen US-Unternehmens“, sagte der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz dem Magazin. Gerade in diesen Zeiten, in denen immer weniger Verlass sei auf die US-Regierung, verbiete sich eine Kooperation mit einem Unternehmen wie Palantir. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Schätzl kritisierte: „Palantir ist kein neutraler IT-Dienstleister, sondern ein Unternehmen mit tiefen Verbindungen zu US-Geheimdiensten und klaren geopolitischen Interessen.“

Unionsfraktionschef Jens Spahn hatte im „Stern“ bereits Anfang Juni den Einsatz der Software befürwortet. Sie würde der Polizei „sehr helfen“. Verbrecher würden auch alle digitalen Möglichkeiten nutzen, argumentierte er. Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) sprach sich für Palantir aus. „Die Zeiten, in denen Sicherheitspolitik ihre Ideologien und Datenschutzbedenken pflegen und steigern können, sind längst vorbei“, betonte der Vorsitzende Rainer Wendt. Es sei bedauerlich, dass Europa keine eigenen Produkte entwickelt habe, aber die USA seien ein verlässlicher Partner.

Palantir wurde 2003 in den USA gegründet – unter anderem von Tech-Milliardär Peter Thiel. Er ist bekannt für seine Nähe zu Donald Trump und Kritik an Demokratien.

Am Dienstag wurde bekannt, dass die Polizei in Baden-Württemberg die Software bald nutzen soll. Auch Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen setzen darauf.SBE/DPA

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