München/Berlin – Die Bahn hat Baustellen ohne Ende, nicht nur im übertragenen Sinne, sondern auch ganz real. Pünktlich zum Start der Sommerferien ist die Strecke München– Rosenheim abschnittsweise durch Bauarbeiten lahm gelegt. Erst wird die Strecke Bad Endorf–Freilassing, dann der Abschnitt Übersee–Freilassing saniert. Weitere Baustellen etwa auf der Ammerseebahn, im Oberland und sogar auf S-Bahnstrecken (S7 und S4) schließen sich an. Und heute beginnt im Norden eine Großbaustelle – neun Monate wird die Strecke Hamburg–Berlin komplett gesperrt und saniert. Die Alternativroute führt die ICE-Züge durch so schöne wie abgelegene Orte wie Salzwedel und Stendal und sie dauert rund eine Stunde länger. Doch die Reiselust auf Schienen ist ungebrochen, stellte Bahnchef Richard Lutz bei der Vorstellung der Bilanz zum Halbjahr fest.
Trotz Problemen bei Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit hat die DB in ihren Fahrzeugen im ersten Halbjahr mehr Reisende gezählt als im Vorjahreszeitraum. 943 Millionen Fahrgäste waren nach Angaben des bundeseigenen Konzerns in den ersten sechs Monaten mit der Bahn unterwegs, 24 Millionen Reisende mehr als im ersten Halbjahr 2024. Mit den Fernverkehrszügen der Deutschen Bahn fuhren im ersten Halbjahr 66,3 Millionen Reisende und damit rund 2,1 Millionen mehr als im Vorjahreszeitraum. „Die Fahrgäste bleiben der Schiene treu“, stellte Lutz zufrieden fest. Allerdings blieb die Sitzplatzauslastung im Fernverkehr hinter den eigenen Erwartungen zurück. Nur knapp jeder zweite Sitz im ICE war im Schnitt besetzt (46,2 Prozent), nur 1,2 Prozentpunkte mehr als im Vorjahreszeitraum. Das mittelfristige Ziel ist aber eine Auslastung von mindestens 50 Prozent. Vor allem Geschäftsreisende seien „zurückhaltend“, weil sie Sorge habe, mit der DB ihre Termine zu verpassen, gab Lutz zu.
Auch bei der Pünktlichkeit ist der Fernverkehr leicht besser: 63,4 Prozent aller Züge kamen weniger als sechs Minuten zu spät im Ziel an und gelten damit nach der DB-Definition als pünktlich (plus 0,7 Prozent). Am Ziel von 65 Prozent für das Gesamtjahr 2025 halte man fest, sagte Lutz. In einigen Jahren sollen es 75 bis 80 Prozent sein. Ein Grund für die Verspätungen: Langsamfahrstellen. Täglich gibt es etwa 210 bis 220 Langsamfahrstellen durch marode Schienen oder Mängel im Untergrund, ein Viertel davon im Hochleistungsnetz des ICE-Verkehrs. Doch selbst das Münchner S-Bahn-Netz wird durch die Tempolimits nach wie vor ausgebremst, etwa die S4. Die Gesamtzahl dieser im Bahndeutsch „LA-Stellen“ genannten Verschleißstellen habe man immerhin im Schnitt um 70 pro Tag reduzieren können, sagte Lutz auf Nachfrage unserer Zeitung. „Das ist mehr als wie uns vorgenommen haben.“
Ein Hauptproblem des Konzerns bleibt der Schuldenstand. Das Halbjahresergebnis von minus 760 Millionen Euro ist immer noch stark negativ, wenn auch fast eine Milliarde Euro besser als im Vorjahr. Der „Kurs strikter strikter Kostendisziplin“ zahle sich aus. Die Bahn habe 2300 Stellen abgebaut, der Personalstand insgesamt ist von 208 000 auf 205 000 gesunken. Bis 2027 sollen es 10 000 Stellen weniger sein. Im Konzern selbst würden Stellen in Vertrieb und Verwaltung abgebaut, Sachkosten gestrichen. „Es werden ganze Abteilungen aufgelöst oder zusammengelegt“, erläuterte Personalvorstand Martin Seiler.DIRK WALTER