Gendern wirkt nur wie Kosmetik

von Redaktion

Geschlechtergerechtigkeit

Ist das Kind krank, bleibt in den meisten Haushalten die Mutter daheim. Wer hätte das gedacht? Die Ergebnisse der jüngsten Umfrage unter Barmer-Versicherten bestätigen das Klischee. Geschlechtergerechtigkeit mag in den vergangenen Jahren zunehmend ein Thema geworden sein, aber unterm Strich ändert sich in vielen Familien noch immer schmerzlich wenig. Das Geldverdienen ist tendenziell Männersache, fürs Kümmern sind die Frauen da.

Dass sich in der Gesellschaft die Unwucht beim Thema Gleichberechtigung oft anders anfühlt, liegt nicht zuletzt an der Debatte ums Gendern, die mit Leidenschaft und Lautstärke geführt wird. Kernthese: Frauen und non-binäre Personen werden als Individuen ausgeschlossen, wenn sie schon sprachlich nicht sichtbar werden. Da steckt, bei aller Berechtigung, viel Theorie drin. Die wahre Ungleichheit zeigt sich in der Praxis, wo viele Wünsche offen bleiben: gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit, bessere Aufstiegschancen für Frauen, flexiblere Arbeitszeitmodelle, mehr Ganztagsbetreuung für Kinder, dadurch eine leichtere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Und ja, es sollte irgendwann ganz selbstverständlich sein, dass öfter auch der Vater die Arbeit liegen lässt, wenn vormittags Hort oder Schule anrufen, weil es dem Kind nicht gut geht.

Die jüngsten Zahlen belegen nur leider, dass der Weg dahin noch lang ist. Er führt über Familien, Unternehmen, Politik, letztlich die gesamte Gesellschaft. Dieser Prozess ist anstrengend und zeitaufwändig. Es mag wichtig sein, dabei auch übers Gendern zu reden, und es stimmt ja: Bei diesem Thema gibt es schnelle Fortschritte und ein wachsendes Bewusstsein. Aber letztlich wirken Debatten über Binnen-I und Glottisschlag doch nur wie Kosmetik: Sie überdecken die echten Herausforderungen. MARC.BEYER@OVB.NET

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