Kiew/Starnberg – Nach der heftigen Kontroverse um die Rolle der Anti-Korruptions-Behörden in der Ukraine haben die Ermittler mehrere Politiker festgenommen, die an einem „großangelegten Korruptionssystem“ im Rüstungssektor beteiligt gewesen sein sollen. Das Nationale Anti-Korruptions-Büro (Nabu) teilte mit, es habe zusammen mit der Anti-Korruptions-Staatsanwaltschaft (Sapo) die „systematische Veruntreuung“ öffentlicher Gelder für die Armee sowie „den Erhalt und die Gewährung unrechtmäßiger Vorteile in besonders großem Umfang“ aufgedeckt.
Die Beschuldigten hatten den Angaben zufolge die Preise für Rüstungsgüter wie Drohnen-Teile in die Höhe getrieben und dann 30 Prozent der Vertragssumme abgezweigt. Unter den Verdächtigen sind demnach auch ein Abgeordneter, mehrere Leiter von Bezirks- und Stadtverwaltungen, Angehörige der Nationalgarde sowie Manager von Rüstungsunternehmen. Das Anti-Korruptions-Büro veranlasste bisher vier Festnahmen, nannte aber keine Namen. Das Innenministerium erklärte, die verdächtigen Angehörigen der Nationalgarde seien vom Dienst suspendiert worden.
Präsident Selenskyj erklärte, er sei den Anti-Korruptions-Behörden „dankbar“ für ihre Arbeit. „Es ist wichtig, dass die Anti-Korruptions-Institutionen unabhängig arbeiten und das am Donnerstag verabschiedete Gesetz garantiert ihnen alle notwendigen Instrumente für einen echten Kampf gegen die Korruption“, so Selenskyj, der am Anfang der Woche genau diese Unabhängigkeit noch beschneiden wollte. Erst nach heftigen Protesten seiner Bürger nahm er einen Gesetzentwurf zurück, der Nabu und Sapo dem Präsidenten unterstellt hätte.
Die Anti-Korruptions-Ermittlungen betreffen auch Bayern: Anfang Juli gab es eine Razzia in einem Haus in Starnberg, die Selenskyjs im September 2024 entlassenen Vize-Stabschef Rostislaw Schurma galt. Der 41-jährige Ex-Stabschef sei Vater dreier Kinder und deshalb nicht wehrpflichtig. So habe er nach seiner Entlassung zu seiner Familie nach Bayern ziehen können, so die „SZ“.KR