München – Der Einsatz galt von Anfang an als riskant. Die Operation „Aspides“, eine EU-Mission im Roten Meer, hat eigentlich das Ziel, Handelsschiffe vor der Huthi-Miliz zu schützen. Seit Oktober vergangenen Jahres beteiligt sich Deutschland mit einem Flugzeug daran. In Sicherheitskreisen nennt man es das „fliegende Auge“: Es überwacht den Seeraum und sichert Handelsrouten.
Anfang Juli kommt es zur Attacke aus heiterem Himmel. Die Angreifer sind allerdings nicht die Rebellen im Jemen – sondern Chinesen. Ohne Vorwarnung blendet ein chinesisches Kriegsschiff die Crew des Propellerflugzeugs mit einem leistungsstarken Laser. Seither steht die Frage im Raum: Was sollte das?
Ein Unfall? Ausgeschlossen. Das Auswärtige Amt nannte den Angriff „inakzeptabel“ und bestellte den chinesischen Botschafter ein. „Auch wenn das in der Öffentlichkeit eher unspektakulär wirkt: In Diplomatenkreisen gilt so eine Reaktion durchaus als starker Tobak“, erklärt Arndt Freytag von Loringhoven gegenüber unserer Zeitung. Der 68-Jährige war Vizepräsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Botschafter in Polen, Tschechien und Russland. Seine Analyse ist eindeutig: „Was China da getan hat, war eine klare Einschüchterungsgeste.“
Der Angriff im Roten Meer war nicht der erste. Bereits im Herbst vergangenen Jahres wurde die „Baden-Württemberg“, eine deutsche Fregatte, Opfer mehrerer chinesischer Laserangriffe – diesmal beim Transit durch die Taiwanstraße, die Peking als sein Hoheitsgebiet betrachtet. „Deutschland wird in China als eine Art Führungsnation im Westen gesehen“, sagt Freytag von Loringhoven. „Solche Aktionen sollen gezielt Angst und Furcht auslösen.“
Der Diplomat erkennt in den Angriffen ein „typisches Muster, wie man es aus der hybriden Kriegsführung kennt“. Dass Russland einen solchen Schattenkrieg gegen Deutschland führt, ist spätestens seit Beginn des Ukraine-Kriegs bekannt. Doch inzwischen mehren sich die Hinweise, dass auch China mitmischt.
Im November 2024 wurde etwa das chinesische Frachtschiff „Yi Peng 3“ mit der Zerstörung von zwei Unterseekabeln in der Ostsee in Verbindung gebracht. Bis heute dementiert das chinesische Außenministerium eine Beteiligung Pekings – laut „Spiegel“ vermuten Sicherheitskreise, dass der Kapitän die Kabel im Auftrag Russlands durchtrennt haben soll.
„China unterstützt Russland nicht nur mit Waffen im Ukraine-Krieg, sondern auch bei seinem hybriden Krieg“, sagt Freytag von Loringhoven. Hybride Angriffe zielen auf kritische Infrastruktur: Stromleitungen, Internetkabel, Häfen, Bahnhöfe, Straßen, Krankenhäuser. Im Sommer 2024 entging Deutschland nur knapp einem Unglück: Ein DHL-Luftfrachtpaket fing noch am Boden in Leipzig Feuer – dabei hatte der russische Militärgeheimdienst GRU offenbar geplant, dass es in der Luft ein Inferno auslösen sollte.
Der Militärische Abschirmdienst (MAD) schlägt Alarm. Präsidentin Martina Rosenberg warnt: „Das Vorgehen ist massiver und aggressiver geworden.“ Deutschland sei als „logistische Drehscheibe der Nato“ und aktiver Bündnispartner fest im Visier ausländischer Nachrichtendienste. Und: Russische Agenten würden gezielt Menschen mit russischen Wurzeln ansprechen, um Informationen über militärische Standorte oder Transporte zu sammeln. KATHRIN BRAUN