Es ist in diesen Zeiten wenig überraschend: Schon wieder steht ein harter Kerl mit dubioser Vergangenheit an der Spitze eines Staats. Karol Nawrocki war Boxer, Hooligan, Türsteher, hatte gute Kontakte zum Rotlichtmilieu – und nun ist er Präsident von Polen. Dabei ist es noch gar nicht so lange her, da hatte die EU auf eine neue Ära gehofft, auf eine Wiederbelebung des Weimarer Dreiecks. Als Donald Tusk Ende 2023 das Amt des Ministerpräsidenten übernahm, versprach er, Warschau zurück auf die europäische Bühne und auf einen demokratischen Kurs zu bringen. Doch die Aussichten sind düster.
Nawrocki, offiziell parteilos, wurde von der rechtspopulistischen PiS ins Amt gehievt. Gesucht wurde ein Mann, „jung, groß, imposant“, sagte PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski vor einem Jahr. Nawrocki selbst bezeichnet sich als „Geschöpf von Kaczynski“. Er hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, die Tusk-Regierung stürzen zu wollen. Viel Gestaltungsraum hat er zwar nicht. Doch eines kann er sehr wohl: blockieren, blockieren, blockieren. Dieses Spiel beherrschte bereits sein Vorgänger Andrzej Duda blendend. Nur deshalb steht die Tusk-Regierung wie eine lahme Ente da – und die PiS ist in den Umfragen wieder stärkste Kraft.
Für die deutsch-polnischen Beziehungen verheißt all das wenig Gutes. Nawrocki befeuerte im Wahlkampf das Feindbild Deutschland und äußerte seine Bewunderung für Donald Trump. Dabei bräuchte Europa gerade jetzt einen stabilen Partner an seiner Ostflanke – womöglich sogar mehr denn je.