Inszenierung: Inzwischen geht‘s ruhiger zu. © AFP
Pjöngjang – Es ist noch nicht lange her, da ließ Nordkoreas Diktator Kim Jong-un von diesem Ort noch Raketen in die Luft schießen – um mehr oder weniger freundliche Drohgrüße an ungeliebte Nachbarstaaten wie Südkorea oder Japan zu senden. Aber heute sind hier feiner Sand, Sonnenschirme und Wasserrutschen zu sehen. Wonsan soll seit Kurzem ein ökonomisch wichtiger Standort für den ostasiatischen Ein-Parteienstaat werden.
Ende Juni weihte Kim das Strandresort Wonsan Kalma ein. Das Großbauprojekt hat über die letzten Wochen auch deshalb weltweit Schlagzeilen gemacht, weil es nicht so recht zu Nordkoreas Image passen mag: Die streng regierte Diktatur, die den Menschen kein Internet erlaubt und Reisende aus dem Ausland nur in überwachten Gruppen ins Land lässt, scheint bis auf Weiteres kaum prädestiniert als Tourismusdestination. Dabei sah der jubelnde Kim Jong-un, der bei der Eröffnungsfeier surfenden Probanden im Anzug zuklatschte, auch noch kaum nach Vergnügen aus. „Nordkoreas Kathedrale des Sozialismus“, nannte es das „Wall Street Journal“ .
Um eine entsprechende Kulisse für die Eröffnungsshow zu bieten, hat das Regime dafür gesorgt, dass die Anlage voll ist. Zu sehen waren vor allem wohlgenährte Menschen aus der nordkoreanischen Oberschicht. „Die Menschen, die wir im Resort sahen, waren die ersten übergewichtigen Nordkoreaner, die wir gesehen haben“, sagte der russische Urlauber Alexander Spevak dem „Wall Street Journal“.
Könnte das Resort Wonsan Kalma eine Öffnung des ansonsten verschlossenen – und wegen Menschrechtsverletzungen und eines Atomprogramms mit schweren UN-Sanktionen belegten – Landes einleiten?
Ökonomisch würde so etwas – wenn es funktioniert – dem Land helfen. Abgesehen von Pjöngjang, wo der Lebensstandard höher ist, zählt Nordkorea nach Schätzungen zum Bruttoinlandsprodukt zu den ärmsten Staaten der Welt. Und Tourismus hat bisher wenig zur Wirtschaft beigetragen. Zumal ab der Coronapandemie über Jahre die Grenzen strikt geschlossen blieben. Eine Grenzöffnung erfolgte erst um den Jahreswechsel zu 2025, wurde aber kurz darauf wieder zurückgenommen. Kein gutes Signal an den Tourismus.
Ähnlich sieht es nun mit Wonsan aus. Anfang Juli reisten die ersten Touristen aus Russland – mit dem sich Nordkorea seit Russlands neuerlichem Angriff auf die Ukraine militärisch eng verpartnert hat – ins Resort. Nur: Ohne Angabe von Gründen wurden kurz darauf die Einreise für Touristen vorerst wieder verboten.
Ohne die zahlungskräftigen Besucher droht aber das Projekt zu einem skandalösen Misserfolg zu werden. Die wenigen Reiseveranstalter, die Trips nach Nordkorea organisieren, haben schon ihren Unmut geäußert. Der unberechenbare Umgang seitens der nordkoreanischen Regierung mit Reisenden wirke abschreckend. FELIX LILL