In der Rückschau wird in der Politik gern manch glücklicher Zufall zum großen Plan verklärt. Dass die CSU zum Beispiel die Ministerien für Innen, Forschung und Agrar in Berlin greifen kann, stand mitnichten ewig fest. Es hat sich aber in der Summe nach 100 Tagen als gute Kombination erwiesen. Vor allem das hochriskante Innenressort ist einer von nicht vielen Aktivposten in der Merz-Regierung. Alexander Dobrindt führt es mit klarem Plan und hohem Tempo. Die Migrationswende, ein Kernelement der Glaubwürdigkeit der Unionsparteien, läuft – während Großprojekte bei CDU- und SPD-Ministern (Heizgesetz-Aus, Bürgergeld-Reform) träge dümpeln.
Im milliardenschweren Forschungsressort und im für den ländlichen Raum emotionalen Agrarbereich (zu Unrecht belächelte Posten) fehlt diese Geschwindigkeit. Dorothee Bär kann sie entwickeln, ihre Hightech-Pläne können mit Vorlauf Wirkung entfalten, gerade mit Standortwahlen für Bayern bei Kernfusion, Raumfahrt, Forschungs- und KI-Clustern. Die Notbesetzung im Agrarressort macht mehr Sorgen. Alois Rainer wirkt bisher weder präsent noch durchsetzungsstark. Das Geeier der Regierung beim Wolf war schädlich. Und warum hat die CSU einen „Staatsminister“ im Auswärtigen Amt, aber traut sich keine Stimme in der Außenpolitik zu?
Überall da ist noch Luft nach oben. Die CSU will über den Koalitionsausschuss alle großen Linien mitprägen, Leitplanken setzen, Merz antreiben. Gut so. Doch dieser Anspruch ist nur dann berechtigt, wenn ihre Köpfe in den eigenen Ressorts auch ausnahmslos Top-Leistung zeigen.CHRISTIAN.DEUTSCHLAENDER@OVB.NET