Orbán stellt sich wieder quer

von Redaktion

Nicht mit mir: Viktor Orban, der Militärhilfen für die Ukraine ebenso ablehnt wie Sanktionen gegen Russland, verweigerte der Stellungnahme seine Unterschrift. © Mayo/dpa

Brüssel – Ungarns Regierung hat sich einer gemeinsamen Stellungnahme der anderen 26 EU-Staaten verweigert, in der die Bemühungen von US-Präsident Donald Trump um ein Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine begrüßt werden. Darin betonen die Staats- und Regierungschefs, „dass internationale Grenzen nicht mit Gewalt verändert werden dürfen“ und ein gerechter und dauerhafter Frieden, der Stabilität und Sicherheit bringt, das Völkerrecht achten müsse. Nahezu wortgleich hatten dies am Wochenende schon Deutschland, Frankreich, Italien, Polen, Großbritannien, Finnland und die EU-Kommission in einer Stellungnahme gefordert.

Diesmal handelt es sich um eine Erklärung aller EU-Mitgliedstaaten – außer eben Ungarn. Ministerpräsident Viktor Orbán schrieb zur Begründung auf Facebook, die Erklärung versuche „Bedingungen für Verhandlungen festzulegen, zu denen die EU-Spitzenpolitiker gar nicht eingeladen wurden“. Ohnehin sei es „traurig genug, dass die EU an den Rand gedrängt worden sei. Schlimmer wäre nur noch, wenn wir von der Seitenlinie aus Anweisungen geben würden.“ Ein EU-Russland-Gipfel bleibe als „einzig vernünftiger Schritt“ übrig.

Orbán lehnt nicht nur Militärhilfe der Europäischen Union für die Ukraine als sinnlos und kriegsverlängernd ab. Auch die EU-Sanktionen gegen Russland hält er für nicht zielführend: Er hat sie wiederholt als nutzlos und schlecht für die europäische Wirtschaft kritisiert – und in der Vergangenheit auch schon die Aufhebung von EU-Sanktionen gegen mehrere Russen erzwungen.

Während der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2024 hatte Orbán den international weitgehend isolierten Kremlchef Wladimir Putin zum Ärger vieler EU-Kollegen in Moskau besucht und sich als Vermittler inszeniert. Der mit autoritären Methoden regierende Ungar gilt auch als treuer Anhänger von US-Präsident Trump, der Putin am Freitag in Alaska empfangen will. Gestern gab das Weiße Haus bekannt, dass das Treffen in Anchorage stattfinden wird. Zentraler Gesprächspunkt wird der Ukraine-Krieg sein – wobei sowohl in Kiew als auch in europäischen Hauptstädten befürchtet wird, dass Trump und Putin Absprachen zum Nachteil der Ukraine treffen könnten. In ihrer Stellungnahme bekräftigten die 26 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, dass die Menschen in der Ukraine die Freiheit haben müssten, selbst über ihre Zukunft zu entscheiden.

Heute will Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) mit Trump und mehreren Staats- und Regierungschefs in virtuellen Treffen über die Lage in der Ukraine beraten. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj soll teilnehmen. Nach Angaben von Regierungssprecher Stefan Kornelius sind Gesprächsrunden mit den Staats- und Regierungschefs Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Finnlands, Italiens, Polens und der Ukraine geplant. Auch die Anwesenheit von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident António Costa, Nato-Generalsekretär Mark Rutte sowie Trump-Vize JD Vance ist vorgesehen.

Unterdessen hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vor neuen russischen Offensiven gewarnt. Moskau bereite aus Sicht der Ukraine neue Vorstöße an drei Frontabschnitten vor. Stoßrichtung solle unter anderem Saporischschja sein. Er schloss zugleich aus, eigene Truppen aus der Region Donbass zurückzuziehen. Neben Saporischschja nannte der ukrainische Staatschef die wichtigen Städte Pokrowsk und Nowpawliwka als potenzielle Ziele. Nördlich der Großstadt Pokrowsk sollen die ukrainischen Linien bereits durchbrochen sein.

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