„Es gibt Hoffnung auf Frieden“

von Redaktion

Mittlerweile per Du: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der deutsche Kanzler Friedrich Merz (CDU) sind auf einer Linie. © Sommer/dpa

München – Es ist ein Kraftakt so kurz vor dem eigentlichen Gipfel. Im Stundentakt folgt eine Konferenz der nächsten, erst die europäischen Ukraine-Unterstützer untereinander, dann mit dem US-Präsidenten, schließlich kommt noch die sogenannte Koalition der Willigen – initiiert von Deutschland, Großbritannien und Frankreich – zusammen. Zwischendurch ein Pressestatement.

Es wird deutlich: Die europäischen Partner versuchen, sich bestmöglich auf den Alaska-Gipfel zwischen US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin vorzubereiten. Ziel ist es, möglichst viel europäischen Einfluss walten zu lassen, der Ukraine den Rücken zu stärken. Die große Angst: dass die USA und Russland über die Ukraine hinweg einen Deal schließen.

Umso mehr ist es ein Zeichen der Solidarität, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Mittwoch als einziger persönlicher Gast überraschend zu Kanzler Friedrich Merz (CDU) reist. Eine freundschaftliche Begrüßung, ein privates Mittagessen. Anschließend schalten sich die beiden virtuell mit den Staats- und Regierungschefs aus Frankreich, Großbritannien, Italien, Polen und Finnland, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident António Costa und Nato-Generalsekretär Mark Rutte zusammen.

Erst am Nachmittag wartet dann die deutlich größere Aufgabe: der Austausch mit US-Präsident Donald Trump und seinem Vize J. D. Vance. Eine Videoschalte mit höchster Geheimhaltungsstufe. Nur die engsten Berater sind laut „Bild“ zugelassen, nicht einmal Dolmetscher sind erlaubt. Der Raum ist abhörsicher, Handys müssen in einer extra Box bleiben. Ziel bei diesem virtuellen Treffen ist es, eine Linie mit Trump zu finden. Zuvor bezeichnete Trump Europas Staats- und Regierungschefs noch als „großartige Menschen, die einen Deal wollen“.

Auch beim anschließenden Pressestatement spricht Merz von einem „sehr guten“ Gespräch mit Trump, man sei sich „sehr einig gewesen“. „Es gibt Hoffnung auf Bewegung, es gibt Hoffnung auf einen Frieden in der Ukraine.“ Denn „in Anchorage können wichtige Entscheidungen getroffen werden“, sagt Merz. Grundvoraussetzung sei, dass europäische und ukrainische Sicherheitsinteressen gewahrt bleiben.

Vor allem auf fünf Punkte bestehen die Europäer. So müsse ein Waffenstillstand der Anfang sein. Bei Gesprächen müsse die Ukraine mit am Tisch sitzen, und außerdem solle in der richtigen Reihenfolge verhandelt werden. Drittens: „Die Ukraine ist zu Verhandlungen über territoriale Fragen bereit“, kündigt Merz an. „Dann muss aber die sogenannte Kontaktlinie der Ausgangspunkt sein und eine rechtliche Anerkennung russischer Besetzungen steht nicht zur Debatte.“ Nötig seien zudem „robuste Sicherheitsgarantien für Kiew“ und die Verteidigungsfähigkeit durch die ukrainischen Streitkräfte. Zudem müssten Verhandlungen Teil einer gemeinsamen transatlantischen Strategie sein. Ausgemacht wurde auch, dass sich Trump nach dem Treffen mit Putin als Erstes mit Selenskyj kurzschließt. Erst dann wird der US-Präsident die Europäer informieren.

Selenskyj macht auch deutlich, welchen Einfluss Merz bei diesen Verhandlungen gehabt hat. „Vielen Dank, dass du eine führende Rolle übernommen hast“, sagt Selenskyj. Mittlerweile sind die beiden per Du, sprechen sich mit Wolodymyr und Friedrich an.

Was Putin betrifft, gibt sich Selenskyj allerdings wenig optimistisch. Er wirft Putin erneut einen „Bluff“ vor. „Putin will kein Frieden“. Auch Merz weiß: Sollte es keine Bewegung am Freitag geben, müssten die USA und die Europäer den Druck erhöhen. Trump kündigt in diesem Fall zumindest „sehr schwerwiegenden Konsequenzen“ an. Wie diese aber aussehen, bleibt offen.

Ob das Putin besorgt, ist also fraglich. Denn auch am Mittwoch führt er seinen Angriff auf die Ukraine unerbittlich fort. Mehrere Dörfer in der Ostukraine mussten evakuiert werden. Etwa 1150 Kinder befinden sich in dem betroffenen Gebiet. Binnen 24 Stunden haben die russischen Streitkräfte den größten Geländegewinn seit mehr als einem Jahr erzielt, wie eine Auswertung der Daten des US-Instituts für Kriegsstudien ergibt.(MIT AFP/DPA)

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