Es gibt da ein paar Leitsätze, die ein braver Sozialdemokrat zu jeder Tages- und Nachtzeit auswendig aufsagen kann. Höhere Steuern für Reiche zählen dazu. Lars Klingbeil, wahrlich eher Pragmatiker als Sozialist, hat das jetzt mal wieder auf mildestmögliche Weise getan. Für „superhohe“ Vermögen sei das „nicht ausgeschlossen“, sagt er.
Dass der SPD-Chef seine Worte vorsichtig wägt, ist klug. Eine große Steuererhöhungsdebatte sollte sich die um Aufschwung kämpfende Koalition nicht auch noch ans Bein binden. Jeder weiß: Die SPD macht sich‘s zu leicht mit der Behauptung, der Haushalt ließe sich mit ein bisschen Reichensteuer stopfen. Und die Union macht sich‘s zu leicht, mit Inbrunst jede Steuererhöhung abzulehnen, aber – hallo CSU – ohne Gegenfinanzierung milliardenschwere Klientelleistungen durchzuboxen.
Wichtiger und ehrlicher wären zwei Schritte: Substanziell im Etat zu streichen, statt großes Sparpotenzial wie beim Bürgergeld kleinzureden. Wo bleibt die vereinbarte Komplettreform, wer treibt Sozialministerin Bärbel Bas an, die das seit Amtsantritt in großer Gemächlichkeit verzögert? Eine SPD, die Partei der Arbeiter und nicht der Alimentierten sein will, muss da aktiver werden. Zweiter Punkt: Die Koalition und auch ihr Kanzler müssen den Leuten klar sagen, dass auf sie Umstellungen und wohl auch Zumutungen zukommen werden – nicht bei der Steuer, sondern bei den Sozialsystemen, bei Gesundheit, Rente, Pflege, die der demografische Wandel in Schräglage bringt. Die Merz-Koalition will eine Reform-Regierung sein. Sie braucht künftig auch jenseits der Migrationspolitik den Mut, unpopuläre Themen anzupacken. Herzerwärmende Floskeln reichen nicht.