Auf Gedächtnislücken berufen sich Politiker gerne, wenn sie sich aus der Affäre ziehen wolllen. Dem ehemaligen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will die Berliner Staatsanwaltschaft diese Ausflucht bei der Pkw-Maut jetzt nicht mehr durchgehen lassen. Das Verfahren könnte Signalwirkung für ähnliche Fälle entfalten.
Unklar ist, ob die Staatsanwaltschaft ihren Vorwurf der Falschaussage ausreichend belegen kann. Dem Ex-Verkehrsminister mag dann sogar eine Gefängnisstrafe drohen. Wobei es sich bisher um eine Anklage, kein Urteil handelt. Fehlende Erinnerung zu widerlegen und darauf basierend eine bewusste Falschaussage zu beweisen, ist schwierig.
In jedem Fall sendet diese Anklage eine Warnung. Denn ähnliche Fälle gibt es immer wieder. Olaf Scholz (SPD), ehemals Hamburger Bürgermeister und Bundeskanzler, erinnerte sich in Untersuchungsausschüssen zu Steuerhinterziehung zunächst nicht an Gespräche mit betroffenen Bankeigentümern, dann, als man sie ihm nachgewiesen hatte, nicht an deren Inhalt.
Vermeintliche Erinnerungslücken verhindern nicht selten die Aufklärung politischer Fehler und Rechtsverstöße. Mit ihrer Anklage versucht die Staatsanwaltschaft, diese Taktik zu erschweren. Hat sie Erfolg, würde die Latte höher liegen.