Ein Palästinenser sammelt nach einem Angriff am Donnerstag auf ein Lager in Deir el-Balah ein, was übrig ist. © AFP
Gaza – Die israelische Armee rückt auf die Stadt Gaza vor. Bewohner berichteten am Donnerstag von nächtlichen Angriffen in den Außengebieten. „Das Haus hat die ganze Nacht gewackelt. Der Lärm von Explosionen, Artillerie, Kriegsflugzeugen, Krankenwagen und Hilfeschreien macht uns fertig“, sagte ein Palästinenser der Nachrichtenagentur AFP.
„Wir warten nicht“, erklärte die israelische Armee bereits am Mittwoch. „Wir haben mit vorbereitenden Einsätzen begonnen und bereits jetzt halten die Truppen die Außenbezirke der Stadt Gaza besetzt.“ Verteidigungsminister Israel Katz hatte den Plan zur Einnahme der Stadt Gaza gebilligt. Zudem gab er grünes Licht für die Mobilisierung von etwa 60 000 Reservisten. Der Sprecher der von der radikalislamischen Hamas kontrollierten Zivilschutzbehörde im Gazastreifen, Mahmud Bassal, berichtete von nächtlichen Luftangriffen und Artilleriefeuer in der nordwestlichen und südöstlichen Umgebung der Stadt.
Die israelische Armee will die Stadt Gaza und die in Al-Mawasi im Zentrum des Gazastreifens liegenden Flüchtlingslager einnehmen und die noch lebenden Geiseln befreien. Medienberichten zufolge rechnet Israel mit einem langwierigen Einsatz zur Einnahme der Stadt. Die Streitkräfte bereiteten sich auf eine „ausgedehnte Operation von mehreren Monaten vor, die bis in das Jahr 2026 andauern wird“, so das israelische Militärradio.
Die Hamas spricht von einer „eklatanten Missachtung“ der Bemühungen der Vermittler um ein Waffenruhe-Abkommen. Derweil warten die Vermittler aus Katar auf Israels offizielle Antwort zu dem jüngsten Vorschlag für eine Waffenruhe, in deren Zuge auch ein Teil der Geiseln freikommen soll. Der Vorschlag, dem die Hamas am Montag nach eigenen Angaben zugestimmt hatte, sieht nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP eine Freilassung von zehn lebenden israelischen Geiseln und die Rückgabe von 18 toten Geiseln an Israel vor.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz warnte, es werde mehr Tote und Vertriebene und „mehr Panik“ geben. Der Gazastreifen sei ein „geschlossener Raum, aus dem niemand entkommen kann (…) und in dem medizinische Versorgung, Essen und Trinkwasser schwindet“. Auch das UN-Büro für humanitäre Angelegenheiten (Ocha) warnte vor „schrecklichen humanitären Folgen“ der Ausweitung des israelischen Einsatzes. Hunderttausende Menschen dazu zu zwingen, nach Süden zu fliehen, „ist ein Rezept für schlimmere Katastrophen und könnte zu Zwangsvertreibung führen“.
Nach Angaben der Hamas-Behörden wurden bislang mehr als 62 000 Menschen im Gazastreifen getötet. Nach Einschätzung der UNO sind diese Angaben realistisch.