Papst-Brief: Verheiratete Priester möglich?

von Redaktion

Sportlich: Papst Leo XIV. erhielt ein Tischtennis-Set bei der jüngsten Audienz. © VATICAN MEDIA

Vatikanstadt – Wegweisende Entscheidungen hat der neue Papst bisher nicht getroffen. Aber ab September, wenn sich die Sommerpause dem Ende neigt, werden im Vatikan erste Weichenstellungen in der katholischen Weltkirche erwartet. In den vergangenen Tagen hat jetzt ein Telegramm für Aufsehen gesorgt, das Leo XIV. an die fast 90 Bischöfe des Amazonas-Gebietes geschickt hat. Sie hatten von Sonntag bis Mittwoch in Bogotá/Kolumbien getagt.

Im weitverzweigten Amazonas-Gebiet ist es wegen des Priestermangels kaum möglich, regelmäßig in die zum Teil abgelegenen Regionen zu kommen, um mit den Menschen die heilige Messe zu feiern und ihnen die Kommunion zu bringen. Bereits 2019 hatte Leos Vorgänger Franziskus bei einer Amazonas-Synode darüber diskutieren lassen, ob gegebenenfalls bewährte, verheiratete Männer in diesen besonderen Problemzonen zu Priestern geweiht werden könnten. Bischöfe hatten damals darum gebeten. Letztlich hat Franziskus dazu aber keine Entscheidung gefällt. Er fürchtete wohl, dass es zu einer Spaltung innerhalb der Kirche kommen könnte, da traditionelle Kirchenvertreter eine solche Entwicklung strikt ablehnen.

In dem jetzt bekannt gewordenen Telegramm unterstreicht der neue Papst ausdrücklich die Notwendigkeit der „himmlischen Speise der Eucharistie“ fürs Kirche-Sein. Sie sei das „einzige Mittel, um wirklich das Volk Gottes und der Lieb Christi zu sein“. Beobachter werten dies als möglichen Hinweis darauf, dass der Papst, der selber jahrelang als Missionar in Peru tätig gewesen ist, dieses Thema neu aufgreifen könnte. Leo stellt das in einen größeren Zusammenhang: Da, wo der Glaube verkündet werde, gehe auch die Ausbeutung der Menschen durch den Menschen zurück. Und dort würden auch die natürlichen Güter, die Natur, mehr geschützt.

Der Kirchenrechtler Thomas Schüller aus Münster hält die Formulierungen des Papstes nicht für zufällig. In BR24 erklärte er: „Ein päpstliches Telegramm ist nie zufällig. Wenn er an dieser Stelle den Begriff ,Eucharistie‘ verwendet, wird er sich dabei etwas gedacht haben.“ Für Schüller ist das Telegramm ein Hinweis auf den Pragmatismus des neuen Papstes. „Wenn flächendeckend die Eucharistie ausfällt, geht die katholische Kirche vor die Hunde. Deshalb könnte ich mir vorstellen, dass er zumindest für Regionen, in denen die Not am größten ist, diese Option eröffnet.“ In Deutschland aber herrsche noch kein so akuter Notstand wie am Amazonas. Am 12. Juli erst hatte auch der Münchner Kardinal Reinhard Marx in unserer Zeitung gesagt, dass er nicht glaube, dass der Papst hier schon völlig festgelegt sei.

Auch in den Apostolischen Palast zieht frischer Wind ein: Wie es heißt, plant Papst Leo eine Wohngemeinschaft mit drei weiteren Ordensangehörigen der Augustiner. Derzeit wird die zweite Etage renoviert.CM

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