Allen Selbstständigen muss man Steuern, Abgaben und Beiträge auferlegen, damit sie sich nicht aus der Verantwortung schleichen für die Gemeinschaft. Starke Schultern müssen eben mehr tragen.
So ist die gängige Rede und so sind die Gesetze, die für mehr sozialen Ausgleich und Gerechtigkeit sorgen wollen.
Unternehmer aber ist ein weiter Begriff in der Wirklichkeit. Er geht vom weltweit aktiven Familienunternehmen mit Zigtausenden von Beschäftigten bis zu Wilhelm Ehrlichmann, den wir in unserem Feriendorf an der Küste kennengelernt haben.
Der gelernte Landmaschinen-Mechaniker hat sich weiterentwickelt zum Metallbaumeister. Der junge Vater von zwei Kindern hat Landmaschinen auch in den USA angeschaut. Ein John-Deere-Händler in Kalifornien wollte ihn gleich dabehalten – „wir brauchen Leute wie Dich“, meinte er.
Wilhelm aber machte sich vor einiger Zeit lieber selbstständig in der alten Heimat. Es ist nur ein Ein-Mann-Betrieb, den er hat, ohne Angestellte. Als hilfsbereiter Fachmann aber ist Wilhelm überall gefragt, nicht nur jetzt in der Erntezeit. Er kennt sich aus, vom Mähdrescher bis zur Melkmaschine. Und er verdient auch nicht schlecht – 42 Prozent Einkommensteuer musste er zahlen im vorigen Wirtschaftsjahr. Dazu die Gewerbesteuer entrichten. Das hat er verkraftet, zuzüglich zu Betriebshaftpflicht, Krankenversicherung und Altersversorgung für die Familie.
Nicht zu vergessen der Pflichtbeitrag für die Handwerkskammer, den Wilhelm auch als Ein-Mann-Unternehmer zu zahlen hat. Warum eigentlich ist das so?
Die Handwerkskammer hat ihm aber noch einen weiteren Beitragsbescheid geschickt, denn sie unterhält ein Berufsbildungszentrum. Wilhelm kann nämlich als Einzelunternehmer keinen Auszubildenden beschäftigen. Die Zeit hat er einfach nicht. Deswegen belastet ihn nun die Kammer auch noch mit einem Sonderbeitrag „Ausbildungs-Finanzausgleich“. Dahinter steckt die Idee, dass Betriebe, die ausbilden, unterstützt werden müssen zu Lasten der Betriebe, die keine Lehrlinge beschäftigen. Dass diese Idee angesichts überall fehlender junger Leute, die sich um eine Lehrstelle bewerben, völlig überholt ist, mag die Kammer nicht einsehen. Wilhelm muss zahlen, aber er fängt an, sich zu fragen, ob der Schritt in die Selbstständigkeit wirklich richtig war.
Da ist es fast nur noch eine Lachnummer, dass die Küstenstadt, in deren ländlichem Umfeld er wohnt, ihm, dem Handwerker, einen Bescheid geschickt hat, mit dem ein „Tourismusbeitrag“ eingefordert wird. Ich habe empfohlen, sich dagegen juristisch zur Wehr zu setzen. Aber Wilhelm, der Praktiker, ist kein Papiermensch und des Streitens müde.
Wie aber wird unser Land wohl aussehen, wenn es keine Selbstständigen wie Wilhelm mehr gibt? Wenn alle lieber 35-Stunden-Jobs mit gewerkschaftlicher Tarifbindung schieben? Oder schon ausgewandert sind? Dann gehen all diese merkwürdigen Bescheide vollends ins Leere. Dann verlieren auch Bürokraten ihre Arbeitsplätze, die diesen weltfremden Unsinn verwalten. Und der Bürokratie-Abbau, den die jetzige Bundesregierung auf ihre Fahnen geschrieben hat, ohne etwas zu tun, der hilft dann auch nicht mehr.
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