Letzte Chance für die Geisel-Rettung

von Redaktion

Gantz-Angebot an Netanjahu

Die Regierung von Benjamin Netanjahu steht nach dem Ausscheiden zweier ultraorthodoxer Koalitionspartner ohne Mehrheit da. Obwohl seine Regierung also faktisch gescheitert ist, nutzt der israelische Premier die Sommerpause für weitreichende Entscheidungen, die jegliche künftige Friedenslösung für den Nahen Osten torpedieren: Sein rechtsradikaler Koalitionspartner Bezalel Smotrich setzte sich mit dem Bau einer Siedlung im Westjordanland durch, die einen Palästinenserstaat faktisch unmöglich machen würde.

Zugleich startet Netanjahu eine neue Offensive in Gaza-Stadt, die nach Angaben führender Militärs bis in das Jahr 2026 andauern soll – und damit wohl das Todesurteil für die letzten noch lebenden 20 jüdischen Geiseln in den Fängen der Hamas bedeuten würde. Denn die anfängliche Hoffnung, dass die neue Gaza-Offensive nur ein Druckmittel ist, um die Hamas zu noch weitreichenderen Zugeständnissen zu bewegen, schwindet mit jeder Stunde.

In dieser Situation baut der israelische Oppositionspolitiker Benny Gantz Netanjahu eine Brücke, die die letzte Chance für die Rettung der Geiseln und für eine Beendigung des Gaza-Krieges sein könnte: eine Übergangsregierung, die die Zustimmung zum jetzt vorliegenden Hamas-Angebot zur Geisel-Freilassung ermöglicht.

Es wäre für Netanjahu die Möglichkeit, sich aus der Abhängigkeit von seinen rechtsextremen Koalitionspartnern Smotrich und Itamar Ben-Gvir zu befreien. Aber es sieht danach aus, dass Netanjahu trotz des innenpolitischen Drucks zehntausender Demonstranten und trotz der außenpolitischen Isolation auf seinem Irrweg bleibt.

Sein Kalkül: Wenn er Gantz diesen Erfolg gönnt, könnte der Ex-Verteidigungsminister als Sieger aus den von ihm geforderten Neuwahlen hervorgehen. Und als Wahlverlierer würde Netanjahu schnell der Korruptionsprozess wieder einholen, den er dank des Kriegszustands auf die lange Bank schieben konnte.

Die Demonstranten in Tel Aviv werfen Netanjahu ganz offen vor, das Leben israelischer Soldaten und palästinensischer Zivilisten für seinen persönlichen Machterhalt zu opfern. Die nächsten Tage werden zeigen, ob dieser harte Vorwurf gerechtfertigt ist. KLAUS.RIMPEL@OVB.NET

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