Berlin/München – Repräsentativ, staatstragend, überparteilich – so stellen sich viele Deutsche ihren idealen Bundespräsidenten vor. Die insgesamt zwölf Amtsinhaber seit 1949 verkörperten diese Eigenschaften mal mehr, mal weniger. Ein Adjektiv trifft jedoch auf sie alle zu: männlich. Wenn es nach Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) geht, wird sich das bald ändern. Er plädiert für eine Frau als nächstes deutsches Staatsoberhaupt.
Anfang 2027 endet die zweite Amtszeit von Frank-Walter Steinmeier, gemäß Verfassung darf er nicht erneut kandidieren. In ungefähr eineinhalb Jahren erhält Deutschland also einen neuen Bundespräsidenten – oder die erste Bundespräsidentin. Eine konkrete Personalie nannte Merz in der Debatte bislang nicht. Im politischen Berlin wird jedoch bereits spekuliert, wer das erste weibliche Staatsoberhaupt der Bundesrepublik werden könnte. Unter den Namen, die laut „Spiegel“ kursieren, ist einer besonders brisant: Ursula von der Leyen.
Der derzeitigen EU-Kommissionspräsidentin räumen Regierungs-Insider gute Chancen ein, sich bei der Bundespräsidentenwahl im Februar 2027 durchzusetzen. Zwar müsste sie ihr Amt in Brüssel, in das sie eigentlich bis 2029 gewählt ist, dafür vorzeitig abtreten, doch als erste Bundespräsidentin könnte die CDU-Politikerin ihre Karriere krönen – für von der Leyen, die bereits als erste Verteidigungsministerin und erste EU-Kommissionschefin politische Premieren feierte, möglicherweise ein verlockendes Angebot.
Als mögliche Kandidatin wird auch Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) gehandelt. Aigner ist sowohl in ihrer eigenen Partei als auch bei politischen Gegnern äußerst beliebt, mit Kanzler Merz verbindet sie eine langjährige Freundschaft. Nur einer scheint ihr auf dem Weg ins Schloss Bellevue im Weg zu stehen: Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Der CSU-Chef betont zwar, er habe keine Kanzler-Ambitionen mehr, doch ob er sie mit CSU-Politikerin Aigner als Bundespräsidentin endgültig begraben möchte, ist fraglich.
Auch Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ist im Gespräch, wenn es um das nächste Staatsoberhaupt geht. Die Saarländerin scheiterte zwar als CDU-Chefin, gilt aber als fähige Brückenbauerin – eine wichtige Eigenschaft für eine Bundespräsidentin. Kramp-Karrenbauers Parteikollegin Julia Klöckner wird ebenfalls als Option gehandelt. Mit ihren polarisierenden Aussagen als Bundestagspräsidentin manövriert sie sich jedoch selbst immer weiter ins Abseits. Vor allem SPD und Grüne dürften sich gegen ihre Wahl stellen.
Die wohl prominenteste CDU-Frau, Ex-Kanzlerin Angela Merkel, hat bereits abgewunken. Sie steht für politische Ämter nicht mehr zur Verfügung – vermutlich zur großen Erleichterung von Friedrich Merz.SOPHIA BELLIVEAU