Deutschland übernimmt Führungsrolle: Finanzminister Lars Klingbeil (SPD, r) verspricht Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj Unterstützung auf verschiedenen Ebenen. © Nietfeld/dpa
Kiew – Als Lars Klingbeil den zentralen Michaelplatz in Kiew besucht, werden keine 50 Meter von ihm entfernt Särge in die Michaelskathedrale getragen. Särge mit getöteten Soldaten in dem seit dreieinhalb Jahren andauernden Krieg in der Ukraine. Mit eigenen Augen sieht der Vizekanzler, dass ein Ende des Kriegs noch in weiter Ferne scheint. Wohl auch deswegen verspricht der SPD-Politiker bei seinem überraschenden Besuch in der Ukraine nicht nur einmal, dass Deutschland die Ukraine unterstützen wird.
So stellt Klingbeil der Ukraine für den Fall einer Friedenslösung die Beteiligung Deutschlands an Sicherheitsgarantien in Aussicht. Zugleich müsse es aber gemeinsame Vorbereitungen für den Fall geben, dass der russische Präsident Wladimir Putin nicht zu einem Ende seines Angriffskriegs bereit sei, macht Klingbeil bei einem persönlichen Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj deutlich.
Klingbeil betont, dass er zunächst darauf setze, dass sich die Ukraine selbst besser verteidigen kann. Etwa durch eine „wirklich starke, auch verteidigungsfähige ukrainische Armee“. „Und das Zweite ist, dass auch hier in der Ukraine die Rüstungsproduktion hochgefahren wird und die Ukraine dadurch in die Lage versetzt wird, sich zu verteidigen und auch abzuschrecken“, sagt Klingbeil.
Auf die Frage nach einem direkten militärischen Beitrag mit eigenen Soldaten zur Absicherung einer Friedenslösung äußert sich der SPD-Chef aber nicht konkret. „Wir haben immer gezeigt in den dreieinhalb Jahren, die dieser Krieg jetzt andauert, dass wir uns nicht wegducken, sondern dass wir an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer stehen“, erklärt er nur.
Selenskyj macht dagegen deutlich, dass eine militärische Präsenz der Unterstützer bedeutsam sei, um Russland von erneuten Angriffen abzuhalten. „Ich glaube, dass es wichtig ist“, sagt der Präsident. Auch Klingbeil weiß, dass „verlässliche Sicherheitsgarantien, die einen dauerhaften Frieden für die Ukraine gewährleisten“, nötig sind. „Dazu stimmen wir uns international eng ab.“ Nach dem jüngsten Ukraine-Gipfel in Washington arbeiten Deutschland und seine Partner mit Hochdruck daran, wie verlässliche Sicherheitsgarantien im Detail aussehen und umgesetzt werden könnten.
In Deutschland gibt es in den Reihen von Union und SPD noch keine einheitliche Position zu der Frage, ob sich Deutschland auch mit Soldaten gegen erneute russische Angriffe nach einem Friedensschluss beteiligen sollte. Allerdings hat die Bundesregierung wiederholt betont, dass Deutschland eine Führungsrolle zukomme.
Mit dem Andauern des Krieges bleibt der jährliche Finanzbedarf der Ukraine weiter hoch. Finanzminister Martschenko bezifferte den vom Ausland für die Finanzierung des ukrainischen Budgets im Jahr 2026 erforderlichen Betrag zuletzt auf umgerechnet knapp 38,5 Milliarden Euro. In diesem Jahr musste ein Nachtragshaushalt von umgerechnet gut acht Milliarden Euro aufgelegt werden. Im Vergleich zum Vorkriegsjahr 2021 hat sich der ukrainische Haushaltsbedarf verdreifacht.
Deswegen wird Deutschland die Ukraine auch weiterhin mit Geld unterstützen. Die bilaterale militärische Unterstützung soll nach den Finanzplanungen bis 2027 auf einem hohen Niveau von jährlich mehr als acht Milliarden Euro beibehalten werden, erklärt Finanzminister Klingbeil.