Noch keine vier Monate ist die Merz-Klingbeil-Koalition im Amt. Doch in kaum einem Kommentar, der dieser Tage über die schwarz-rote Regierung geschrieben wird, fehlt der Vergleich mit der desolaten Ampel. Schon beginnt sich im Land ein Gefühl neuer Resignation einzunisten. Egal ob Wehrpflicht, Steuern oder Bürgergeld: Union und SPD finden nirgendwo zusammen. Das ist nicht die Schuld des Kanzlers, sondern der Wähler, die dieses Parteienbündnis zusammengewählt haben. Aber es ist sein Problem.
Denn Friedrich Merz ist der Chef der Regierung. In seiner Verantwortung liegt es, ob CDU, CSU und SPD es schaffen, in einen vernünftigen Arbeitsmodus zu schalten. Natürlich hatte er mit jedem Satz Recht, als er sich auf dem Parteitag der Niedersachsen-CDU den Koalitionspartner vorknöpfte und rief, er mache es „denen“ ganz „bewusst nicht leicht“. Besonders clever war es trotzdem nicht, die waidwunde SPD weiter zu reizen, um die eigenen, ja ebenfalls frustrierten Leute zu besänftigen. Damit stärkt Merz nur den krawalligen linken SPD-Flügel und macht Genossenchef Klingbeil das Geschäft noch schwerer.
Seine impulsive bis schneidige Art, auch mal einen rauszuhauen, ist eine Stärke von Merz, die ihn von seinen einschläfernden Vorgängern unterscheidet. Aber es ist, wie man nun sieht, auch seine Schwäche. Schon die eigenen Leute reagieren irritiert auf seine schwungvollen Positionswechsel, etwa in der Schulden- oder der Israelpolitik. Erst recht eckt der Kanzler mit seinem rabiaten Kommunikationsstil und der Neigung, eher ein Telefonat zu wenig zu führen als eines zu viel, bei der SPD an. Dort liegen die Nerven zwei Wochen vor der Kommunalwahl in NRW blank, weil sich die rote Herzkammer der Sozialdemokratie, das Ruhrgebiet, blau einzufärben droht.
Als die Ampel aus dem Tritt kam, blieb den Bürgern immer noch die Hoffnung auf eine unionsgeführte Regierung. Versagt auch sie, bleibt nichts mehr außer Ungewissheit und dem Erstarken der Extremen. Scheitern ist für Merz und Klingbeil daher keine Option. Die Fraktionsführungen von Union und SPD müssen sich in ihrer Klausursitzung morgen in Würzburg tief in die Augen blicken. Dem Sommer des Streits muss jetzt ein Herbst der Entscheidungen folgen. GEORG.ANASTASIADIS@OVB.NET