Das gestern vom Bundeskabinett verabschiedete Wehrpflicht-Gesetz von Bundesverteidigungsminister Pistorius dient mehr dem Koalitionsfrieden als der Wiederherstellung der deutschen Wehrbereitschaft. Statt auf Pflicht setzt es weitestgehend auf Freiwilligkeit – und finanzielle Anreize. Doch bezweifeln die Experten, dass das ausreicht, um die Truppenstärke in der gebotenen Eile von derzeit 183 000 auf die benötigten 260 000 Soldaten anzuheben.
Putin wird dieses Signal aus Deutschland aufmerksam registrieren. Denn so richtig gut passt das Gesetz nicht zum neuen deutschen Führungsanspruch bei der Verteidigung von Freiheit und Sicherheit, den der Kanzler in Europa erhebt. Doch mehr als dieser etwas faule Kompromiss war nicht drin mit der SPD. Schon die im Gesetzentwurf ab Januar 2028 vorgesehene verpflichtende Musterung ging vielen in der „Friedenspartei“ zu weit, voran den Jusos. Die würden, so wie der linke Ökonom Marcel Fratzscher, lieber die Babyboomer-Generation für ein Rentner-Dienstjahr heranziehen. Die Älteren wissen schließlich noch aus ihrer Jugend, wie Wehrpflicht geht.
Natürlich ist es kein Schaden, vor der Verhängung einer Pflicht, die erheblich in die Lebensentscheidungen junger Menschen eingreift, alle milderen Mittel auszuschöpfen. Pfiffige Ideen wie die der FDP, Rekruten den Führerscheinerwerb kostenlos zu ermöglichen, sind erwünscht. Dennoch ist zu hoffen, dass es der Union gelingt, im parlamentarischen Verfahren noch ein paar Sicherheitsnetze in das Gesetz einzuziehen für den Fall, dass es nicht gelingt, genügend junge Leute für die Bundeswehr zu begeistern.GEORG.ANASTASIADIS@OVB.NET