Die griechischen Arbeitnehmer und Beamten fürchten um Ihre Rechte und gehen deshalb auf die Straße – nicht nur in Athen. © Thanassis Stavrakis/dpa
Athen – Zehntausende Demonstranten auf den Straßen, breit angelegte Arbeitsniederlegungen im öffentlichen Sektor: Griechenlands Dachgewerkschaft der Beamten (ADEDY) hatte für den Donnerstag zu einem 24-stündigen Streik aufgerufen – mit Erfolg.
Der Anlass dafür ist, dass das Athener Innenministerium dem griechischen Parlament einen Gesetzentwurf zur Abstimmung vorlegte, der den Beamtenkodex radikal verschärft. Die Beamtengewerkschaft sieht darin unverhohlen eine „Kriminalisierung“ der Beamtentätigkeit, drohende Entlassungen inbegriffen.
Konkret wird in den Beamtenkodex eine neue Regelung eingeführt, wonach die „Weigerung eines Beamten, an einem Bewertungsverfahren teilzunehmen, dieses zu erleichtern oder durchzuführen”, ein eigenständiges Disziplinarvergehen darstellt. Hintergrund dafür ist, dass Griechenlands konservative Regierung unter Premier Kyriakos Mitsotakis den Staatsapparat alljährlich einer Bewertung unterzieht. Gegner sehen darin das Bestreben, unliebige Staatsdiener durch gezielt subjektive Bewertungen auf Befehl von oben aus dem Weg zu räumen. Besonders kritisch sei es laut der ADEDY, dass die bisher geltende Beteiligung gewählter Arbeitnehmervertreter in den Disziplinarausschüssen aufgehoben werde.
Der Protest dürfte der Auftakt zu einer Streikwelle im Herbst sein. Im Fokus steht die von der Regierung Mitsotakis angekündigte Einführung des 13-Stunden-Tages bei einem Arbeitgeber und die maximale Flexiblisierung der Arbeit im Privatsektor.
Der Gesetzentwurf soll im September im Athener Parlament eingereicht werden. Laut Gesetzentwurf soll die Regelarbeitszeit in Griechenland zwar unverändert 40 Wochenstunden betragen. Indes sollen acht Überstunden pro Woche und 150 im Jahr erlaubt sein. Pro Jahr kann es 37 solcher 13-Stunden-Tage geben.
Die Wochenarbeitszeit würde im Durchschnitt pro Quartal berechnet. Das ermöglicht – je nach Bedarf – in bestimmten Wochen Mehrarbeit und in anderen Minderarbeit. Der Arbeitgeber kann Urlaubstage im Sommer, in denen in einigen Branchen ein hoher Arbeitsbedarf herrscht, „streichen” und auf für seine Firma „tote” Zeiten im Winter übertragen.
Künftig soll es zudem möglich sein, Arbeitnehmer „flexibel” bis zu 120 Minuten an einem Tag zu beschäftigen. Konkret hat der Arbeitnehmer auf Abruf bereit zu stehen, um bei Bedarf bis zu zwei Stunden zu arbeiten. Wer bei alledem öfter als dreimal pro Monat zu spät zur Arbeit erscheint, soll leichter entlassen werden können.FERRY BATZOGLOU