Freundschaft mit Hindernissen

von Redaktion

Krise in Paris: Macrons Minister sitzen allesamt auf wackligen Stühlen. © Zeichnung: Heiko Sakurai

München/Paris – Freundschaft geht durch den Magen. Als dritter Bundeskanzler überhaupt – nach Helmut Kohl und Angela Merkel – war Friedrich Merz am Donnerstagabend in der Sommerresidenz des französischen Präsidenten zum zweisamen Abendessen mit Emmanuel Macron zu Gast. Die Einladung auf die südfranzösische Halbinsel Fort Brégançon gilt als ein Zeichen der besonderen Wertschätzung zum Auftakt des gemeinsamen deutsch-französischen Ministerrats am Freitag. Von einem „neuen Kapitel in den deutsch-französischen Beziehungen“ sprach Macron am Abend. Doch so schön der Rahmen ist, die Probleme werden dadurch nicht kleiner.

Frankreich selbst befindet sich in einer politischen Krise. Macrons Regierung droht zeitnah zu fallen, in anderthalb Wochen steht ein Misstrauensvotum an, das dem Präsidenten selbst zwar nicht gefährlich wird, aber seine sämtlichen Minister wegspülen kann. Bedeutet auch: Diejenigen, mit denen die deutschen Ressortchefs sich am Freitag austauschen, haben vielleicht schon bald gar nichts mehr zu sagen.

Gleichzeitig gibt es auch zwischen Deutschland und Frankreich große Baustellen. Wie es mit dem deutsch-französisch-spanischen Kampfjet FCAS weitergehen soll, sollte eigentlich bis Ende August geklärt sein. Inzwischen ist diese Frist auf Ende des Jahres verschoben. Die Spitzenpolitiker beider Länder betonen immer wieder die Notwendigkeit eines gemeinsam gebauten Kampfjets der Zukunft. „Es gibt keinen Plan B“, hieß es kürzlich dazu im Elysée. „Wir brauchen das“, erklärte Merz seinerseits. Dennoch halten unter den beteiligten Unternehmen die Spannungen an. Im Kern geht es um Fragen des geistigen Eigentums und künftige Exportaussichten. Federführend in Frankreich ist Dassault Aviation, in Deutschland Airbus. Dassault-Chef Eric Trappier hat in der Vergangenheit mehrfach eine bedeutendere Rolle für sein Unternehmen gefordert. Bei dem Treffen in Toulon solle FCAS kein Thema sein, sagte Merz zu Beginn dieser Woche. Zugleich zeigte er sich optimistisch, dass bis Ende des Jahres eine Lösung gefunden werde.

Gleichzeitig wirbt Macron seit Monaten gemeinsam mit dem britischen Premierminister Keir Starmer dafür, im Fall eines Waffenstillstands in der Ukraine westliche Bodentruppen zu dessen Absicherung zu entsenden. Merz hatte nach seinem Amtsantritt zunächst nicht ausgeschlossen, dass sich Deutschland daran beteilige. Denkbar wäre auch eine materielle oder finanzielle Unterstützung einer – bislang hypothetischen – Absicherungstruppe, die Moskau ohnehin vehement ablehnt.

Und: Frankreich drängt immer wieder darauf, eine gemeinsame Schuldenaufnahme in der EU auf den Weg zu bringen. Die Idee stößt in Berlin auf taube Ohren. Der Corona-Wiederaufbaufonds von 2021 in Höhe von 750 Milliarden Euro soll nach deutschen Vorstellungen eine Ausnahme bleiben.

Frankreich hat zudem massive Sorgen mit dem eigenen Haushalt. „Wir fahren mit einem kleinen Problem nach Toulon: Unsere Verschuldung macht 113 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus, in Deutschland sind es nur 60 Prozent“, räumte eine französische Ministerin diese Woche ein.

Auch das Verhältnis zu den USA trennt die Nachbarn. Deutschland hält trotz der erratischen Außenpolitik von US-Präsident Donald Trump weiterhin stärker an der transatlantischen Partnerschaft fest als Frankreich.

Spannungen gibt es auch in der Handelspolitik, wo Frankreich mit Rücksicht auf die eigene Landwirtschaft das Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten noch „verbessern“ will. Merz hofft hingegen auf ein zügiges Inkrafttreten.HOR/AFP

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