Merz und Macron beenden den Atomstreit

von Redaktion

Harmonie: Emmanuel Macron umarmt Friedrich Merz. © dpa

Toulon – Deutschland und Frankreich rücken in der Wirtschafts- und Sicherheitspolitik enger zusammen. Beim Ministerrat in Toulon legten beide Regierungen ihren langen Streit über die Nutzung der Atomkraft weitgehend bei. Auf europäischer Ebene wollen sie nun zu einer Gleichbehandlung emissionsarmer Energiequellen einschließlich der Kernenergie kommen. „Der deutsch-französische Motor ist also wieder angesprungen“, sagte Merz nach dem Treffen. „Ein klarer Blick für die Realität und der beste Wille, sie zu gestalten, das ist für mich(…) der Geist von Toulon.“

Ähnlich äußerte sich Macron. „Wenn Frankreich und Deutschland beschließen, gemeinsam voranzugehen, dann verändert sich der Rhythmus ganz Europas“, kommentierte er die Begegnung. „In Toulon wird nicht nur unsere Freundschaft bekräftigt. Es ist ein europäischer Meilenstein, der erreicht wird.“

Überschattet wurde das Treffen allerdings von der Regierungskrise in Frankreich. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und das halbe deutsche Kabinett trafen in Toulon auf eine französische Regierung, die vielleicht bald nicht mehr im Amt ist. Frankreichs Premierminister François Bayrou wird am 8. September die Vertrauensfrage stellen. Es wird erwartet, dass er sie verliert.

Bislang konnten Merz und Macron inhaltliche Differenzen kaum ausräumen. Das ändert sich nun an den ersten Stellen. Im Mittelpunkt stand die Wirtschaftspolitik, zu der eine lange gemeinsame Agenda beschlossen wurde. Trotz unterschiedlicher Modelle wollen beide sich in der Energiepolitik nicht mehr im Wege stehen, sondern unterstützen.

Konkret bedeutet das, dass Deutschland sich der Nutzung der Kernenergie durch Frankreich nicht mehr entgegenstellt, etwa auf der Ebene europäischer Regulierungen. Den Franzosen geht es nicht um eine Finanzierung von Atomanlagen aus EU-Mitteln, allerdings um Fördermittel für Forschungsvorhaben zur Entwicklung neuer, kleinerer Reaktortypen. Deutschland wiederum versichert sich der Unterstützung Frankreichs beim Aufbau von Wasserstoffverbindungen nach Südwesteuropa sowie einer stärkeren Integration der Stromnetze zwischen Deutschland und Frankreich.

Das sind weiteren Beschlüsse: Industriestrompreis: Um energieintensive Industrien zu unterstützen, soll die Möglichkeit eines Industriestrompreises unbürokratisch und flexibel ermöglicht werden. Europäische Präferenzregelungen: In zentralen und strategisch wichtigen Bereichen der industriellen Produktion, einschließlich des öffentlichen Beschaffungswesens, sollen Regelungen zu einer Bevorzugung europäischer Hersteller erarbeitet werden. Künstliche Intelligenz: Die Förderung des KI-Nachwuchses und von KI-Programmen in beiden Ländern soll ausgebaut werden.

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