KOMMENTARE

Wir alle prägen die Stimmung im Land

von Redaktion

Zehn Jahre „Wir schaffen das“

Angela Merkel hat Deutschland vor zehn Jahren vor eine Herausforderung gestellt, die mehr als eine Generation beschäftigen wird. Wie integriert man so viele Menschen aus so unterschiedlichen Ländern in eine Gesellschaft? Geht das überhaupt? Schon in dem Moment, in dem sie ihr „Wir schaffen das“ gesagt hat, war klar, wie viel sie ihrem Land damit abverlangt. Der Polizei, den Schulen, den Kindergärten, den Kommunen, den ehrenamtlichen Helfern. Mit ihrer Entscheidung hat sie gesellschaftliche und politische Brüche ausgelöst. Die AfD ist heute so stark wie nie, das Land in Migrationsfragen tief gespalten. All das lässt sich nicht wegdiskutieren.

Und gleichzeitig hat Deutschland heute Grund dazu, stolz zu sein auf das, was wir seit 2015 geschafft haben. Hunderttausende Migranten sind inzwischen hervorragend integriert. Sie arbeiten in Berufen, in denen sie dringend gebraucht werden, zahlen Sozialbeiträge, viele haben Ehrenämter und einige sogar den deutschen Pass. Deutschland hat seine Kultur nicht verloren – sondern Werte bewahrt. Merkels Entscheidung war eine Zumutung, die immer zu ihrem Vermächtnis gehören wird – aber sie hat auch viele Menschen davor gerettet, in den Wintermonaten an geschlossenen Grenzen zu erfrieren.

Nicht alle Menschen haben die Chance verdient, die sie hier bekommen haben. Einige haben die Hilfsbereitschaft ausgenutzt, einige haben Straftaten begangen, viele sind schlichtweg mit falschen Erwartungen gekommen. Die Menschen, die hierher geflüchtet sind, sind so unterschiedlich wie die Menschen, die hier leben. Es ist ein großes Glück für unser Land, dass bei so vielen Deutschen Hilfsbereitschaft und Herz größer waren als die Ängste. Ohne sie hätte die Integration so vieler Geflüchteter nicht gelingen können.

Die Frage, ob wir es geschafft haben, lässt sich vielleicht nie abschließend beantworten. Es ist aber sicher keine Herausforderung, die die Politik allein meistern kann. Sie muss die richtigen Weichen stellen, statt Ängste zu schüren. Aber wie sich die Stimmung in unserem Land verändert, haben wir alle mit in der Hand. KATRIN.WOITSCH@OVB.NET

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