Die prächtigen Schinken im Reifekeller begeistern Agrarminister Alois Rainer. © Fotos: STEFAN ROSSMANN (3)
Glonn/Berlin – Als er im Reifekeller die prächtigen Schinken sieht, strahlen seine Augen. „Von so einem Reiferaum habe ich immer geträumt. Aber ich hatte nie den Platz dafür“, sagt Alois Rainer (60), seit 6. Mai Bundeslandwirtschaftsminister. Der CSU-Politiker ist gelernter Metzgermeister und beeindruckt von der Arbeit der Herrmannsdorfer Landwerkstätten in Glonn (Kreis Ebersberg). An einem Spätsommertag lässt er sich von Geschäftsführer Karl Schweisfurth den Ökobetrieb zeigen mit vorbildlicher Fleischproduktion – von der artgerechten Tierhaltung über eine weitgehend schonende Schlachtung bis hin zur regionalen Vermarktung. Auch wenn hier wöchentlich 60 Schweine, 15 Rinder, 15 Kälber und 25 Lämmer geschlachtet werden, soll alles so tiergerecht wie möglich ablaufen, erklärt Schweisfurth. Geschrei gibt es nicht auf dem Ökohof. Der Minister nickt anerkennend: „Ein gestresstes Tier hat eine ganz andere Fleischqualität. Das schmeckt man auch.“
Alois Rainer reist derzeit durch die Republik und lässt sich zeigen, was den Bauern auf den Nägeln brennt. Der 60-Jährige ist alles andere als ein Hau-Drauf-Politiker. Für einen Minister ist er fast schon zurückhaltend. Ganz anders, als er von seinem Parteivorsitzenden Markus Söder präsentiert wurde, der ihn als martialisch als „schwarzen Metzger“ angekündigt hatte.
Vereinnahmen lassen will sich der 60-Jährige nicht. Dem Motto von Schweisfurth „Lieber halb so viel Fleisch, dafür dreimal so gut“ schließt er sich nicht an. Stattdessen betont er als Metzger: „Es muss nicht mehr sein, aber dafür gutes Fleisch.“ Im heutigen Politikbetrieb mit permanenten Posts und Blogs erscheint Rainers Art wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Der CSU-Politiker lässt sich Zeit. Etwa beim Umbau seines Ministeriums. Kritiker hatten ihm schon vorgeworfen, dass er nach der Amtsübergabe nicht sofort Vertraute seines grünen Vorgängers Cem Özdemir gegen eigene Leute ausgetauscht hat. „Das waren Schlüsselpositionen in meinem Haus. Für mich war es wichtig, die notwendige Personalentscheidung auch gut überlegt zu präsentieren.“ Solche Entscheidungen treffe er nicht aus dem Bauch heraus.
Daneben gibt es die harte Tagespolitik. Rainer hofft, dass das Problem der Weidehaltung für die Ökobetriebe bald gelöst wird. Die EU fordert, dass für jedes Tier tägliche Weidehaltung möglich ist. In Bayern, wo viele Ökobetriebe keinen direkten Weidezugang haben, befürchtet der Bauernverband, dass bis zu 1000 Biobauern zur konventionellen Bewirtschaftung zurückkehren könnten. „Es ist schwierig, für alle Tiere zur gleichen Zeit die gleich große Weide vorzuhalten. Wer keinen direkten Weidezugang hat, kann hier nicht auf die Schnelle eine Lösung finden“, weiß Rainer. Im Bundesministerium werde bereits an einem Vorschlag gearbeitet. Details verrät Rainer nicht. Natürlich nicht.CLAUDIA MÖLLERS