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Konsequente Reaktion – aber mit kühlem Kopf

von Redaktion

Russische Drohnen über Polen

Hier werden – im wahrsten Sinne des Wortes – Grenzen ausgetestet: Eine große Zahl russischer Drohnen drang in der Nacht zu Mittwoch weit in den polnischen Luftraum ein. Man müsste schon sehr naiv sein, um an Zufälle oder gar Versehen zu glauben. Nur eine Woche nach dem russischen Schulterschluss mit China und Nordkorea. Nur einen Tag, nachdem Ex-Präsident Dmitri Medwedew das Nato-Land Finnland absurderweise beschuldigte, es bereite „einen Brückenkopf für einen Angriff auf uns vor“. Und nur zwei Tage, bevor das russisch-belarussische Großmanöver Sapad 2025 beginnt. Offenbar kam ein erheblicher Teil der Drohnen direkt aus Belarus.

Das alles sind weitere Belege für die toxische Mischung aus russischer Paranoia und Wladimir Putins imperialem Streben, zu sowjetischen Einflusssphären zurückzukehren. Nichts ist geblieben von den Friedenshoffnungen, die bei einigen aufkeimten, weil Donald Trump Putin in Alaska den roten Teppich ausrollte und sich anschließend mit Wolodymyr Selenskyj und dem Westen im Weißen Haus absprach. Nochmal: Der Kremlchef hat keinerlei Interesse an Frieden. Ganz im Gegenteil – im Anschluss überzog er die Ukraine mit Angriffen. Und nun testet er gezielt auch die Verteidigungsbereitschaft des Westens. Putin will in ganz Osteuropa Angst schüren.

Für die Nato ist es deshalb wichtig, entschieden, aber doch mit kühlem Kopf zu reagieren und nicht in Alarm-Rhetorik zu verfallen. Konsultationen innerhalb der Nato sind allein deshalb richtig, weil man Donald Trump im Boot behalten muss. Doch allein auf den wankelmütigen US-Präsidenten kann man sich leider nicht verlassen. Militärisch muss der Schutz des Luftraums im Osten europäische Priorität sein. Gleichzeitig stellen sich andere Fragen: Warum importiert die EU noch immer Gas und Öl aus Russland? Und warum erklärte Ursula von der Leyen erst gestern, eingefrorene russische Vermögen (oft von Putin-getreuen Oligarchen) nicht für die Abwehr der russischen Aggression einzusetzen? Nach wie vor umgeht Russland zudem Sanktionen durch eine Schattenflotte, die auf 400 Schiffe geschätzt wird. Die EU hat noch Stellschrauben, die Moskau wehtun können.

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