Ein SPD-Sieger und seine Rezepte

von Redaktion

Marc Herter erhielt mehr als 63 Prozent.

Hamm – Er ist der erfolgreichste SPD-Oberbürgermeister in NRW. Während die Genossen landesweit bei den Kommunalwahlen am Sonntag nur rund 22 Prozent erreichten, verteidigte Marc Herter seinen Chefposten im Rathaus der Stadt Hamm mit 63,3 Prozent. Was macht der 51-Jährige anders?

Herter hat politisches Talent. Er überblickt Sachverhalte, denkt vorausschauend und gerät rhetorisch nie in die Defensive. Erfahrung sammelte er auf Landesebene. Bei seiner ersten Landtagswahl 2010 gewann er das Direktmandat, nur ein Jahr später wurde er Parlamentarischer Geschäftsführer seiner Fraktion. 2018 sollte für den stellvertretenden Landesvorsitzenden der nächste Karriereschritt folgen. Herter war sich seiner Wahl zum Fraktionschef und damit zum Oppositionsführer im Landtag sicher. Doch nach der schmerzhaften Niederlage bei der Landtagswahl 2017 gegen Armin Laschet wollte eine Mehrheit in der SPD-Fraktion lieber Revolution spielen: Der frühere NRW-Justizminister Thomas Kutschaty gewann überraschend das parteiinterne Duell.

Der SPD gehörten die Schlagzeilen, doch die Talfahrt der Partei nahm an Tempo zu. Sie erhielt 2022 mit 26,7 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl in NRW überhaupt. Kutschaty ging, doch bei der Bundestagswahl kam die SPD in ihrer alten Herzkammer NRW auf nur noch 20,0 Prozent. Ob Mann oder Frau: ein aussichtsreicher Herausforderer für Ministerpräsident Hendrik Wüst ist nicht in Sicht.

Und Herter? Der hat seit seinem Fehler 2018, nämlich die Lage in Düsseldorf falsch eingeschätzt zu haben, alles richtig gemacht. Er stellte sich 2020 zur Oberbürgermeister-Wahl in Hamm und gewann. Er baute das jahrzehntelang von der CDU geführte Rathaus rasch in ein rotes Rathaus mit seinen Getreuen um. Er führte eine Ampel-Regierung im Rathaus ohne öffentlichen Streit. Im Gegensatz zu Berliner Verhältnissen fühlten sich Grüne und FDP wohl im Bündnis. Herter sorgt auch in der Stadtbevölkerung am Rande des Ruhrgebiets für ein gutes Gefühl. Er propagiert Hamm als familienfreundlichste Stadt Deutschlands, macht Radwege schön und beherrscht Veranstaltungsmanagement. Gute Kultur- und Freizeitangebote lassen auch die Lokalpolitik gut aussehen. Herter kann aber auch Krise, managte er die Corona-Zeit unaufgeregt.

Herter besucht gefühlt jede „Katzenkirmes“. Keine Veranstaltung ist dem OB zu klein. Nicht nur in Wahlkampfzeiten ist er unterwegs. „Dein Hamm. Dein Oberbürgermeister“ hat Herter im Wahlkampf plakatiert. Herter kennt seine Bedeutung, nimmt sich aber selbst nicht zu wichtig. Wenn er irgendwo eingeladen ist und mit warmen Worten begrüßt wird, bedankt er sich und betont in Richtung seiner Zuhörer: „Es geht hier heute aber nicht um mich, sondern um Sie.“ Einen solchen Satz hört man bei Terminen auch von dem erfolgreichen CDU-Ministerpräsidenten Wüst. Beide, Herter und Wüst, gehören zu dem Typ Politiker, der den Job als Dienst an der Gesellschaft begreift.ALEXANDER SCHÄFER

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