Die Welt brennt, aber wer löscht?

von Redaktion

Annalena Baerbock soll in der 80. Sitzung der Generalversammlung für Ordnung sorgen. © Seth Wenig/dpa

New York – Die Vereinten Nationen bezeichnen die alljährliche Generaldebatte in New York gern als „Weltmeisterschaft der Diplomatie“. Doch in Zeiten von Kriegen, Konflikten und Hungersnöten kommt keiner der erwarteten rund 150 Staats- und Regierungschefs in der kommenden Woche für den Titelgewinn infrage. US-Präsident Donald Trump dürfte das kaum davon abhalten, sich vor der UN-Vollversammlung als nächster Friedensnobelpreisträger zu inszenieren.

Noch bevor es ab Dienstag mit der Generaldebatte der UN-Vollversammlung losgeht, will Frankreichs Präsident Emmanuel Macron heute den Fokus auf Nahost scharf stellen. Nachdem schon gestern eine Reihe wichtiger Staaten Palästina anerkannt hat (siehe Text unten), soll es bei einer von Macron mitveranstalteten Konferenz um die Zukunft der Zwei-Staaten-Lösung gehen.

Die Anerkennung eines Palästinenser-Staats hat zunächst vor allem symbolischen Charakter. Richard Gowan von der Denkfabrik Crisis Group glaubt dennoch, dass die Veranstaltung Impulse setzen kann. Sie halte die Hoffnung auf eine diplomatische Konfliktlösung am Leben. Zugleich warnt er, das Event sei kein Selbstzweck. Es werde „nur dann Bedeutung haben, wenn die Länder, die Palästina anerkennen, weiteren Druck auf Israel ausüben, um den Gaza-Krieg zu beenden“.

Die USA und Israel werden dem Event fernbleiben. Deutschlands Außenminister Johann Wadephul wird zwar als Unterstützer einer Zwei-Staaten-Lösung teilnehmen, Berlin jedoch lehnt die Anerkennung Palästinas bisher ab. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas kann nur per Videoschalte teilnehmen: Die Trump-Regierung verweigerte ihm ein Visum.

Der wohl unberechenbarste Auftritt der Woche ist der von Donald Trump. Der US-Präsident ist ein großes Publikum gewohnt. Doch zu allen Ländern der Welt gleichzeitig sprechen, das kann er nur bei der UN-Generaldebatte. Gemutmaßt wird dementsprechend, dass Trump kräftig die Werbetrommel in eigener Sache rührt. Der 79-Jährige will international als Friedensmacher anerkannt werden – und wie sein ihm verhasster Vorgänger Barack Obama den Nobelpreis gewinnen. Das Problem dabei ist nur, dass die Welt in einer Reihe von Kriegen versinkt, auf die Trump zwar Einfluss hat, jedoch wie in der Ukraine keine Fortschritte vorweisen kann. Unklar bleibt, welchen Ton er gegenüber Russlands Präsident Wladmir Putin und Chinas Xi Jinping anschlägt. Beide bleiben der UN-Generaldebatte traditionell fern.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj findet sich während dieser UN-Woche in der ungewöhnlichen Situation wieder, eher eine Nebenrolle zu spielen. Mit größerer Spannung wird auch Benjamin Netanjahus Auftritt am Freitag erwartet. Diplomaten am East River befürchten, dass Israels Ministerpräsident als Antwort auf die Zwei-Staaten-Konferenz vom Montag weiter eskaliert – bis hin zu einer Annexionsankündigung palästinensischer Gebiete. Erstmals auf der UN-Bühne wird Syriens Präsident Ahmed al-Scharaa auftreten. Nach New York kommt er auch als Bittsteller, will er doch, dass die alten Sanktionen gegen sein Land aufgehoben werden.

Die Rede des deutschen Außenministers Johann Wadephul (CDU) wird in Abwesenheit von Kanzler Merz für Samstag erwartet. Aus deutscher Sicht werden viele Augen auf einer früheren Außenministerin ruhen: Annalena Baerbock leitet die 80. Sitzungsperiode der UN-Vollversammlung. In dieser Funktion wird sie auch Trump als Gastgeberin im UN-Hauptquartier begrüßen und vor ihm sprechen.

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