KOMMENTARE

Der weltgrößte Schwarz-Weiß-Maler

von Redaktion

Trumps UN-Rede

Es ist ja schon ein Wert an sich, wenn es nicht so schlimm kommt, wie es hätte kommen können. Jedenfalls wäre es keine Überraschung gewesen, hätte Donald Trump die Vereinten Nationen in seiner gestrigen Rede aggressiv angezählt, so wie er einst die Nato anzählte. Da wirkte sein Vorwurf, die Organisation werde ihrem Potenzial nicht gerecht, schon beinahe zahm. Der Rest war mehr oder weniger das, was man erwarten konnte: Eine fast 60-minütige Schwarz-Weiß-Tirade, die zwischen groteskem Eigenlob und der anmaßenden, oft faktenfreien Belehrung anderer, vor allem Europas, pendelte.

Angekündigt war anderes. Das Weiße Haus hatte erklärt, Trump werde eine „klare und konstruktive Vision für die Welt“ skizzieren. Davon war – seien wir ehrlich: Es wundert nicht – keine Spur. Stattdessen machte der an keiner Stelle verbindende Auftritt des Republikaners einmal mehr deutlich, wie sehr es gerade an globaler Orientierung und auch an Führung mangelt.

Bezeichnend dafür war, dass dem US-Präsidenten zu den drängenden Themen der Gegenwart so gut wie nichts über die Lippen kam. Die gefährlichen Provokationen Russlands an der Ostflanke der Nato erwähnte er mit keinem Wort, erst Stunden später ging er auf Nachfrage darauf ein. Die Anerkennung Palästinas durch eine Reihe von Staaten, das bestimmende Thema der vergangenen Tage, handelte er in einem Satz ab. Und dass der Kreml seine vollmundige Drohung mit „sehr gewaltigen Zöllen“ noch ernst nimmt, darf man nach den vielen Ultimaten, die bisher völlig folgenlos ausliefen, mit gutem Recht bezweifeln.

Das Drama des Auftritts liegt mitunter darin, dass Trump zwar zurecht auf die Dysfunktionalität der UN in vielen Bereichen hinweist, aber keine Anstalten macht, die Probleme beheben zu wollen. Seine Idee ist eine andere: Er, der von sich behauptet, nicht weniger als sieben Kriege beendet und den USA das goldene Zeitalter gebracht zu haben, kann es ohnehin viel besser als die bald 80 Jahre alte Organisation. Trump selbst mag das glauben, seine messianisch berührte Anhängerschaft auch. Und der Rest der Welt schüttelt einmal mehr den Kopf.

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