Gaza: Showdown in New York

von Redaktion

Obdachlose Palästinenser kochen zwischen den Trümmern in Hamad City. © Al-qattaa/AFP

New York – Neue Dynamik oder weitere Eskalation? Die Anerkennung Palästinas als Staat durch eine Reihe von Ländern – seit gestern Abend auch Frankreich – ist ein Versuch, die Zweistaatenlösung am Leben zu halten. Eine entsprechende Konferenz von Frankreich und Saudi-Arabien sollte vor der ab heute geplanten UN-Generaldebatte den Druck auf Israel erhöhen. Diplomaten befürchten jedoch, dass Benjamin Netanjahus Reaktion harsch ausfallen könnte.

Vorgeschichte: Nach dem Ersten Weltkrieg stand Palästina unter britischer Verwaltung. London versprach sowohl Juden eine „nationale Heimstätte“ als auch Arabern Unterstützung, was zu wachsenden Spannungen führte. Nach dem Holocaust und der Ermordung von sechs Millionen Juden durch Nazi-Deutschland beschlossen die UN 1947 die Teilung: ein Staat Israel für Juden, ein Staat Palästina für Araber. Während die Araber dies ablehnten, riefen die Juden 1948 Israel aus. Der folgende Krieg gegen mehrere Nachbarstaaten endete mit Israels Sieg und der Flucht von mehr als 700000 Palästinensern. Weitere Hunderttausende flohen 1967 im Sechstagekrieg.

In den 90ern brachte der Friedensprozess zunächst Hoffnung, doch zentrale Fragen wie Grenzen, der Status Jerusalems, Flüchtlinge und Siedlungen blieben ungelöst. Gewaltakte von Extremisten sowie die Spaltung der größten Palästinenserorganisationen Hamas und Fatah schwächten die Chancen auf einen eigenen palästinensischen Staat.

Die Botschaft des Treffens in der vergangenen Nacht für die Generaldebatte: Die Weltgemeinschaft soll ein Ende des Gaza-Krieges und eine Rückkehr an den Verhandlungstisch verlangen – unverzüglich. Den Anfang machten am Wochenende bereits Großbritannien, Kanada und Australien, die Palästina als erste große westliche Wirtschaftsnationen anerkannten.

Obwohl bereits etwa 150 der 193 UN-Mitgliedsstaaten Palästina anerkannt haben, wiegt die Entscheidung mehrerer zentraler Weltmächte, die traditionell zu Israels engsten Partnern zählen, besonders schwer. Noch entscheidender ist, dass diese Anerkennung die bedrohte Zweistaatenlösung stützen soll – sie ist gefährdet durch Israels Siedlungsausbau im Westjordanland, Annexionspläne und die Schwächung der Palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah.

Das Risiko: Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gibt sich im Gaza-Krieg unbeirrt und könnte die Situation dafür nutzen, den Konflikt weiter zu eskalieren. Beobachter halten es sogar für möglich, dass er die staatliche Anerkennung Palästinas damit kontern könnte, die Annexion von Palästinensergebieten zu verkünden, um eine Zweistaatenlösung damit faktisch zu begraben. Netanjahu wird die Vollversammlung am Freitag adressieren.

Frankreich, Großbritannien und Kanada riskieren mit ihrer Entscheidung zudem auch die Unzufriedenheit von Israels engstem Partner USA. Donald Trump – berüchtigt für sein unberechenbares Verhalten – könnte die Entwicklung als Affront betrachten.

Für Deutschland ist es ein Drahtseilakt, zwischen Solidarität mit Israel und dem Druck der europäischen Verbündeten zu navigieren. Zuletzt hatte Berlin den Export von Waffen an Israel eingeschränkt. Doch eine Anerkennung des Staates Palästina lehnt Deutschland gegenwärtig ab.

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