Sonntagsbraten wird zum Luxusgut

von Redaktion

München – 50 Euro für ein Kilo gutes Rindersteak? Mittlerweile ist genau das kein Ausnahmepreis mehr beim Metzger. In den vergangenen beiden Jahren sind die Preise für Rindfleisch um 50 Prozent gestiegen, ein Ende ist nicht absehbar.

Woran liegt‘s? „Die Entwicklung lässt sich mit dem Rückgang der Rinderbestände erklären“, sagt Tim Koch, Bereichsleiter Fleischwirtschaft bei der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) in Bonn. „Die gehen jedes Jahr zurück. Viele Höfe machen zu, es gibt oft keine Betriebsnachfolger.“

In Zahlen: Im Mai 2015 hielten die deutschen Bauern nach Daten des Statistischen Bundesamts noch 12,6 Millionen Rinder, im Mai dieses Jahres waren es nur noch 10,3 Millionen. Zwangsläufig werden daher auch weniger Rinder zur Schlachtbank geführt. In der Bundesrepublik wird zwar keineswegs nur heimisches Fleisch verzehrt, doch sinken die Rinderzahlen auch in anderen europäischen Ländern. „Die Nachfrage nach Rindfleisch ist in den vergangenen Jahren ebenfalls zurückgegangen, aber das Angebot an Schlachttieren ist knapper geworden“, sagt Koch.

Verschärft wurde die Teuerung bei Rindfleisch und Milchprodukten zeitweise durch eine – für Menschen ungefährliche – Tierseuche, die seit Herbst 2023 ihren Weg durch die Ställe nahm: die Blauzungenkrankheit. Der Erreger befällt neben Rindern auch Schafe und Ziegen. Von Mai 2024 bis Ende April 2025 zählte das bundeseigene Friedrich-Löffler-Institut 17854 Blauzungeninfektionen, mittlerweile ist der Höhepunkt überschritten

Doch der Rückgang der Blauzungeninfektionen geht nicht mit einem Ende der Teuerung einher. Denn an den Fundamentaldaten hat sich nichts geändert: Weniger Bauern halten weniger Rinder. Der Beruf des Rinderhalters scheint so unattraktiv geworden zu sein, dass nicht einmal die hohen Preise daran etwas ändern.

„Eine Trendwende in der Rinderhaltung ist derzeit nicht erkennbar“, sagt auch eine Sprecherin des Bundesverbands Rind und Fleisch. Aber warum geben Rinderhalter auf, wenn die Erzeugerpreise sowohl für Fleisch als auch für Milch hoch sind? Der Bayerische Bauernverband nennt mehrere Gründe: große bürokratische Belastungen, hohe Investitionskosten und „gesellschaftlichen Druck“. Letzteres bezieht sich unter anderem auf die jahrelange Kritik von Umwelt- und Tierschützern an der konventionellen Landwirtschaft, die viele Bauern entnervt.

Hohe Erzeugerpreise bedeuten auch nicht zwangsläufig, dass die Bauern nun riesige Gewinne einfahren würden. „Gerade in der Bullenmast kommt zum Tragen, dass zwar die Preise gestiegen sind, jedoch auch die Kosten“, sagt eine BBV-Sprecherin. „Bullenkälber kosten 2025 deutlich mehr als im Vorjahr, zeitweise sogar das Doppelte.“

Abgesehen davon zeichnet sich der Agrarmarkt seit jeher durch wilde Schwankungen aus. So litten vor allem die Milchbauern noch vor ein paar Jahren unter Tiefpreisen, die nicht einmal die Kosten deckten.

Derzeit deutet jedoch wenig auf eine neuerliche Tiefpreisphase. „Dass die Rindfleischpreise wieder auf das Niveau sinken, wie wir es vor eineinhalb Jahren hatten, glaube ich nicht“, sagt Fleischfachmann Koch bei der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft. „Wir werden uns auf einem höheren Niveau einpendeln.“CARSTEN HOEFER

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