Demonstrativ gut gelaunt: Kanzler Merz (r.) und sein Vize Klingbeil. © Macdougall/AFP
Berlin – Es ist ein holpriger Start der ersten Kabinettsklausur von Schwarz-Rot. Erst muss Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) wegen eines Kreislaufzusammenbruchs in die Klinik, dann reist auch noch Kulturstaatsminister Wolfram Weimer frühzeitig ab. Grund dafür ist laut eines Sprechers ein „Todesfall im engsten Familienkreis“. Beide Minister konnten deswegen nicht zum traditionellen Gruppenfoto erscheinen.
Für die knapp fünf Monate alte schwarz-rote Regierung geht es bei dem Treffen darum, die schlechte Stimmung im Land zu drehen. Demonstrativ tagt das neue Kabinett dafür nicht wie die Vorgänger-Regierungen auf Schloss Meseberg, sondern in der Villa Borsig am Berliner Stadtrand. „Im Prinzip ist unser Hauptgegner die Laune“, wird SPD-Vizekanzler Lars Klingbeil von Teilnehmern zitiert. Man sei sich einig, dass ein Kulturwandel nötig ist, um eine Aufbruchsstimmung zu erzeugen.
Auch über die Notwendigkeit einer „neuen Ruck-Rede“ wurde am Rande der Klausur gesprochen – unter Verweis auf einen Auftritt von Kanzler Friedrich Merz (CDU) in Saarbrücken am Freitag, dem 35. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung. Als eine „Ruck-Rede“ wird etwa die Agenda 2010 von Kanzler Gerhard Schröder (SPD) gesehen.
Inhaltlich steht am ersten Tag das Thema Wettbewerbsfähigkeit auf dem Programm, zu dem mehrere Gäste aus Wirtschaft und Forschung als Referenten geladen sind: Markus Brunnermeier, ein Volkswirtschafts-Professor von der renommierten US-Universität Princeton, Grazia Vittadini von Lufthansa und Gerd Chrzanowski von der Schwarz-Gruppe, der unter anderem Lidl und Kaufland gehört. „Wir setzen alles daran, dass die deutsche Wirtschaft wieder Tritt fasst“, sagt Merz.
Alle Ministerien seien gefragt, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. „Wettbewerbsfähigkeit betrifft die Steuerpolitik, betrifft die Sozialpolitik, betrifft die Infrastruktur, betrifft die Digitalisierung“, sagt er. „Deswegen eignet sich dieses Thema auch zum Austausch mit dem ganzen Kabinett.“
Beschlüsse soll es erst am heutigen zweiten Tag der Klausur geben. Dann wird das Kabinett eine Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung auf den Weg bringen, die zu einer Senkung der Bürokratiekosten um 25 Prozent oder 16 Milliarden Euro führen soll.
Angedacht ist auch die Einrichtung eines digitalen Bürokratiemeldeportals, auf dem Bürger Verbesserungsvorschläge machen können. Außerdem sind Schulungen und KI-Tools für Mitarbeiter der Ministerien, die Gesetzestexte erarbeiten, im Gespräch, sodass praxistauglicheres und bürokratieärmeres Recht entsteht. Nicht auf der offiziellen Agenda steht die Außenpolitik.