KOMMENTAR

Besonnen in einer nervösen Stadt

von Redaktion

Bombendrohung am Oktoberfest

Am Ende ist man immer schlauer. Am Ende: Das bedeutet in diesem Fall den späten Mittwochnachmittag – jenen Zeitpunkt, an dem klar war, dass auf der Theresienwiese kein Sprengsatz versteckt war. Dass das Gelände also wohl jederzeit sicher hätte betreten werden können – und dass die Sperrung der Wiesn tagsüber so gesehen also gar nicht nötig gewesen wäre. Das ist die eine Seite der Medaille.

Aber: Es gibt auch noch eine andere Seite. Zu so einem Tag gehört nicht nur der Moment der Klärung kurz vor dem Reservierungswechsel in den Zelten, sondern auch der Weg bis dorthin. Und der war alles andere als klar. Wenn Innenminister Joachim Herrmann darauf verweist, dass der Schreiber des Drohbriefs kurz zuvor das eigene Elternhaus angezündet und dort noch mindestens eine Bombe versteckt hat: Dann verleiht diese Tatsache der Wiesn-Warnung massiven Nachdruck.

Man muss sich nur den gegenteiligen Fall vor Augen halten, der hätte eintreten können: dass nämlich der Täter es geschafft hätte, eine Bombe auf der Wiesn zu platzieren, die Behörden ihn aber als harmlosen Spinner eingestuft hätten und das Fest weitergelaufen wäre. Das mag sich niemand ausmalen, aber kann man es sicher ausschließen?

Dass dieses Risiko kein Verantwortlicher tragen wollte, ist verständlich. Das gilt noch mehr nach den Ereignissen der vergangenen Tage. Erst am Samstag hatte Wiesn-Chef Christian Scharpf ja viel Kritik einstecken müssen, weil Besucher auf dem überfüllten und gesperrten Festgelände Panik bekommen hatten. Bemängelt wurde dabei nicht nur der Überblick über die Besucherströme, sondern auch die Kommunikation der Behörden. Denn: Die Gäste bekamen Angst, weil ihnen in den Durchsagen nicht erklärt wurde, warum das Gelände geschlossen war.

Was auch immer man an diesem schlimmen Mittwoch bemängeln mag: Die Kommunikation der Behörden hat diesmal gut funktioniert. Dass das Fest tagsüber geschlossen blieb, am Abend aber wieder öffnen durfte: Das empfinden die Wiesn-Wirte als „besonnen“. Sie wären die ersten Kritiker, wenn es überzogene Maßnahmen gegeben hätte.ULRICH.HEICHELE@OVB.NET

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