Neues Thema, alte Fehler

von Redaktion

Ärger um die Wehrpflicht

Ach, es ist so mühsam mit dieser Regierung! Schon Anfang Juli hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) seinen Gesetzentwurf für den geplanten neuen Wehrdienst vorgelegt. Und schon damals gab es Kritik aus der Union, es fehle eine Art Automatismus, dass aus der Freiwilligkeit eine Pflicht werde, falls die vorgesehene Zahl an Nachwuchssoldaten nicht erreicht werden sollte. Seitdem sind nun fast auf den Tag genau drei Monate verstrichen – ohne Annäherung. Stattdessen soll die erste Lesung über den Gesetzentwurf, eigentlich für Donnerstag geplant, nun von der Tagesordnung gekippt werden.

Offensichtlich hat Schwarz-Rot nichts aus der Blamage bei der Wahl der Verfassungsrichter gelernt. Statt inhaltliche Differenzen, die in so einer politischen Zwangsheirat völlig normal sind, während der Sommerwochen geräuschlos zu klären, kommt es nun mal wieder zur öffentlichen Eskalation. Für die Union ist das nicht ohne Risiko, schließlich ist Pistorius noch immer der mit Abstand beliebteste Politiker dieser Koalition.

Ja, es gibt – leider – gute Gründe für einen verpflichtenden Wehrdienst. Ein Gewinnerthema ist er trotzdem nicht, zumal die Gesellschaft in der Frage mindestens ebenso gespalten ist wie die meisten Parteien. Deswegen spricht einiges für Pistorius‘ Ansatz, erst einmal mit sanftem Druck und attraktiven Anreizen die Zahlen zu erhöhen. Immerhin meldete der Generalinspekteur erst kürzlich „einen deutlichen Sprung nach vorne“: 15 Prozent mehr hätten sich zuletzt freiwillig für die Bundeswehr gemeldet.

Erneut bleibt der Eindruck, dass die beiden Koalitionspartner ihrer Basis zuliebe mehr auf die eigenen Prinzipien pochen, als für den gemeinsamen Erfolg der Regierung an einem Strang zu ziehen. Das ist auch eine Führungsfrage, im Kabinett wie in den Fraktionen. Kein Wunder, wenn es mit dem anvisierten Reformherbst nichts wird!

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