Die Grande Nation im Grand Schlamassel

von Redaktion

Regierungskrise in Frankreich

Moment mal, hatten wir das nicht gerade erst? Wieder verschlingt Paris einen Premier, diesmal schon nach mageren vier Wochen im Amt. Mit Sébastien Lecornu wirft ein Vertrauter Macrons hin, vielleicht das letzte Ass im Ärmel des Präsidenten. Ein schwaches, wenn man bedenkt, dass er nur ein paar Stunden über die Phase der Regierungsbildung hinauskam. Die Grande Nation steckt kinntief im Grand Schlamassel.

Lecornu ist wohl kaum ein Vorwurf zu machen. Er ist nur das jüngste Opfer jener politischen Sackgasse, in die Macron das Land getrieben hat. Dessen Neuwahl-Poker im Juni 2024 sollte ein Befreiungsschlag werden – stattdessen führte er dazu, dass sich im Parlament drei politische Blöcke gegenübersitzen, die sich nicht das Schwarze unter den Fingernägeln gönnen. Auch dem Präsidenten müsste nach vier Regierungschefs binnen eines Jahres dämmern, dass es so nicht weitergehen kann. Sollte er es trotzdem versuchen, ist eins gewiss: Auch der oder die Nächste wird scheitern.

Die Gründe sind im politischen System zu suchen, das sich mit Kompromissen schwertut. In der französischen Gesellschaft, die Paris trotz bedenklichen Schuldenstands jedes noch so nötige Sparvorhaben um die Ohren haut. Und in den Ambitionen einzelner. 2027 wird Macrons Nachfolger gewählt und alles, was Ambitionen hat, bringt sich längst in Stellung. Mit den Problemen der endenden Ära Macron will sich selbst im Präsidentenlager kaum mehr jemand belasten.

Viele rufen jetzt nach dem reinigenden Gewitter. Die doppelt schlechte Nachricht ist: Nach Parlamentswahlen würden sich die Kräfteverhältnisse wohl kaum verändern. Macrons Rücktritt dagegen könnte einen extremen Kandidaten von links oder rechts an die Spitze spülen, der Europa den Garaus machen könnte. Der französische Knoten ist längst zu dick geworden, um ihn leicht zu durchschlagen.

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