Renten-Aufstand der Jungen

von Redaktion

Ein gutes Leben im Ruhestand: Die Frage der Generationengerechtigkeit kocht im Bundestag mal wieder hoch. © Riedl/dpa

Berlin/München – Der Ärger hat sich angeschlichen, aber man konnte ihn kommen sehen. In mehreren Sitzungen in der Unionsfraktion und in der CSU-Landesgruppe kritisierten junge Abgeordnete das Rentenpaket der Regierung scharf. Sie könnten dem nicht zustimmen, viel zu teuer, geht weit über den Koalitionsvertrag hinaus. Das Paket sei „nicht enkelfähig“, dichtete einer der Jungen in einem Interview. Die Bedenken wurden vernommen, aber nicht erhört – und deshalb kommt es nun zum Knall. Die 18 Mitglieder der Jungen Gruppe in der Unionsfraktion kündigen an, gegen das Paket zu stimmen. Jetzt hat Kanzler Friedrich Merz für das Projekt keine Mehrheit mehr.

Auf einer Seite, sie liegt unserer Zeitung vor, fassen die Abgeordneten ihre Bedenken zusammen. Das Gesetz sei „gegenüber der jungen Generation nicht zu rechtfertigen“. Im Kern geht es um die Stabilisierung des Rentenniveaus, ein Herzensanliegen der SPD. Im Koalitionsvertrag ist geregelt: 48 Prozent werden bis 2031 festgeschrieben. Diese fiktive Zahl ist eine Rechengröße und bedeutet: Wer 45 Jahre lang für ein Durchschnittseinkommen Beiträge gezahlt hat, soll in der Rente 48 Prozent seines Einkommens bekommen (nach Sozialabgaben, vor Steuern).

Die Junge Gruppe klagt, im Gesetzentwurf von Sozialministerin und SPD-Chefin Bärbel Bas werde das Rentenniveau aber viel länger festgeschrieben. Von 2032 bis 2040 entstehe so ein Kostenblock von deutlich über 115 Milliarden Euro. „Damit würden wir das teuerste Sozialgesetz des Jahrhunderts beschließen“, schreiben die Abgeordneten. Nichts daran sei generationengerecht. Sie ärgern sich außerdem, dass der Gesetzentwurf die zentralen Entscheidungen der Rentenkommission vorwegnehme.

„Für Rentenzusagen über das Vereinbarte hinaus ist schlicht kein Raum“, sagt Konrad Körner (33, CSU), Vizechef der Jungen Gruppe. Er deutet an, dass seine Abgeordneten mehrfach nur mit größtem Zähneknirschen Merz‘ große Schritte mittrugen. Die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag – Stichwort „Sondervermögen“, also die größten Schuldentöpfe der Geschichte, „sind schwierig genug für die junge Generation“.

Kanzler und Koalition haben nun ein weiteres Problem an der Backe. Ohne die 18 Abgeordneten hat die Koalition keine Mehrheit mehr; gemeinsam kommen Union und SPD im Bundestag ja nur auf 12 Stimmen Mehrheit. Das Rentenpaket, vor sechs Tagen im Koalitionsausschuss auf den Weg gebracht, steckt nun fest. Gleichzeitig ist der Jungen Gruppe im Bundestag bitterernst mit der Kritik. Es hat sich ohnehin was aufgestaut, war in den letzten Wochen zu beobachten, auch in Bayern. Da stellte sich die Junge Union bei ihrer Landesversammlung im nichtöffentlichen Teil glasklar gegen die Mütterrente – in Gegenwart von Parteichef Markus Söder, für den das ein Herzensprojekt ist. Die Mütterrente wird im aktuellen Beschluss der Jungen Gruppe zwar nicht erwähnt, ist aber Teil des Rentenpakets der Koalition.

Nun wird wohl nachverhandelt, denn in der Union gibt es spürbar Sympathien für die Jungen. Fraktions-Geschäftsführer Steffen Bilger sagt, man werde das im Parlament überarbeiten. „Ich kann die Kritik nachvollziehen.“ Die Zeit drängt, das Paket sollte ursprünglich bis Mitte Dezember abgestimmt werden, um ab Januar in Kraft zu sein.

Doch aus der SPD kommen wenig Signale zur Gesprächsbereitschaft. „Ich halte es für unklug, einen Generationenkonflikt herbeizureden“, sagt Sebastian Roloff, wirtschaftspolitischer Sprecher der Genossen. Die gesetzliche Rente stehe zwar vor einer demografischen Herausforderung, diese sei aber historisch keineswegs einmalig. „Anstatt Jung und Alt gegeneinander auszuspielen, sollte sich die sogenannte Junge Gruppe vielmehr dafür einsetzen, dass Frauen endlich einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen. Das stärkt die Wirtschaft und damit auch die Einnahmeseite der Rente.“

Der Kanzler lehnt eine Festlegung über die längerfristige Entwicklung des Rentenniveaus übrigens ab. Die erste Stufe der geplanten Reform könne dieses nur bis 2031 festschreiben – „ab dem Jahr 2032 ist es offen“, sagte er gestern. Man müsse die „eigentliche Rentenreform“ abwarten.

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