Bas‘ Mini-Sparplan beim Bürgergeld

von Redaktion

Reform-Planer: Lars Klingbeil, Bärbel Bas und Friedrich Merz bei einer Kabinettsklausur. © dpa

München – Vielleicht hätte der Kanzler von Anfang an etwas tiefer stapeln sollen. Doch Friedrich Merz (CDU) setzte die Ziele hoch – und so schwebt seit einigen Wochen diese enorm hohe Zahl über der Bürgergeld-Debatte: Fünf Milliarden Euro wollte er einsparen, versprach er, also zehn Prozent von dem, was das System bislang kostet. Das sei „ein Betrag, der muss möglich sein“, behauptete Merz – auch, um Druck auf seine Sozialministerin auszuüben.

Seither bemüht sich Bärbel Bas (SPD), die Erwartungen zu dämpfen. Die Entlastungen der Reform würden nur „sehr klein“ ausfallen, betonte sie mehrfach. Wie klein, zeigt nun ihr Gesetzentwurf für die neue Grundsicherung – ein 92-Seiten-Papier, das offenbart, wie sehr sich der Kanzler verschätzt haben könnte: Aus fünf Milliarden Euro sind demnach 86 Millionen im kommenden Jahr geworden. 2027 sollen es nur noch 69 Millionen sein. Danach werden sogar Mehrausgaben erwartet. Blickt man auf die nackten Zahlen, dann sind die zehn Prozent, die Merz einsparen wollte, zu weniger als einem halben Prozent geschrumpft.

Der Entwurf konzentriert sich vor allem auf schärfere Sanktionen gegen jene, die arbeiten könnten, aber nicht wollen – und die nicht ausreichend mit dem Jobcenter kooperieren. Wer etwa Termine schwänzt, soll nach dem zweiten Mal 30 Prozent weniger und ab dem dritten Mal gar nichts mehr erhalten, heißt es in dem Papier, aus dem „Bild“ und „SZ“ zitieren. Danach wird auch die Mietzahlung eingestellt. Ausnahmen gibt es für diejenigen, die Kinder haben.

Zudem soll sichergestellt werden, dass Hilfebezieher länger von ihrem eigenen Ersparten leben, sofern sie welches haben. Bisher durften Bürgergeld-Empfänger ein Jahr lang bis zu 40 000 Euro auf der hohen Kante haben. Laut Bas’ Entwurf richtet sich künftig der Freibetrag nach dem Alter – bis 20 Jahre sind 5000 Euro erlaubt, zwischen 21 und 40 Jahren 10 000, danach 12 500 und ab 51 Jahren 15 000 Euro.

Bas, die bei Amtsantritt den „mafiösen Strukturen“ beim Bürgergeld den Kampf angesagt hatte, rechnet selbst nicht damit, dass die verschärften Sanktionen allein eine große Zahl an Empfängern zurück in Arbeit bringen. Sie sind eher ein Signal – an sogenannte Totalverweigerer. Und an arbeitende Bürger, die über fehlende Gerechtigkeit klagen.

„Große Einsparungen sind nur möglich, wenn Menschen nachhaltig in Jobs kommen“, sagt Enzo Weber, Forscher am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), gegenüber unserer Zeitung. 100 000 Arbeitslose weniger brächten dem Staat rund drei Milliarden Euro – durch geringere Sozialausgaben und höhere Steuer- und Beitragseinnahmen. Dafür müssten „alle Register gezogen werden“, so der Arbeitsmarktexperte – also nicht nur eine Bürgergeldreform, sondern auch bessere Arbeitsanreize.

Während die Bundesregierung an den Leistungen schraubt, kritisiert der Paritätische Gesamtverband, das Bürgergeld schütze schon jetzt kaum vor Armut. Einer Studie des Verbands zufolge reicht das Geld nicht einmal für eine vollwertige Mahlzeit an mindestens jedem zweiten Tag. Die Hilfe decke gerade einmal „das nackte Überleben“, klagt der Verband.

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