KOMMENTAR

Der Kanzler hat Ärger mit dem Stadtbild

von Redaktion

Merkel-Flügel geht auf Merz los

Der Kanzler hat mal wieder den Merkel-Flügel seiner CDU am Hals. Seit Friedrich Merz von „diesem Problem“ mit dem „Stadtbild“ in Deutschland sprach, mag die Entrüstung gar kein Ende nehmen – vor allem, weil der Kanzler im selben Atemzug mehr Abschiebungen versprach. Vor allem aus der Multikulti-Hauptstadt Berlin hagelt es jetzt Kritik, voran vom (CDU-)Bürgermeister Kai Wegner, der findet, dass „Gewalt, Müll und Kriminalität“ nichts mit Nationalitäten zu tun habe. Schlimm genug, dass die Zustände in Wegners Stadt so sind, wie sie sind. Drogenkonsum und wirtschaftlicher Abstieg tragen sicher zu der von den Bürgern wahrgenommenen Verwahrlosung bei, in Berlin wie in manchen Ruhrgebiets-Metropolen. Aber ungesteuerte Migration eben auch. Wer das leugnet, zeigt nur, wie weit er weg ist vom Leben der ganz normalen Bürger.

Bettelbanden aus Bulgarien oder Rumänien oder junge Männer aus Afghanistan, Irak oder Syrien, oft ausreisepflichtig, die gelangweilt an den Bahnhöfen herumhängen oder sich ihr Geld mit Drogengeschäften verdienen – was man auch als Münchner heute alltäglich erlebt, das gab es vor 15 Jahren in dieser Form noch nicht. Darauf spielte der Kanzler an, und nicht auf türkische Gemüsehändler oder Dönerverkäufer in migrantisch geprägten Vierteln, die selbst genervt sind von später zugewanderten Unruhestiftern. Für die Opposition gehört es zum Geschäft, den CDU-Chef bewusst falsch zu verstehen; die eigene Partei aber sollte sich an solchen Versuchen besser nicht beteiligen.

Leider macht Merz selbst mit seinem verdrucksten Umgang mit dem Thema die Sache nicht besser. Die Sache erinnert stark an die „kleinen Paschas“: Die ersten grünen Empörungsrituale waren noch kaum vollzogen, da ließ Merz seinen Regierungssprecher schon zurückrudern. In den offiziellen Protokollen des Bundespresseamts tauchte der Stadtbild-Satz gar nicht erst auf, weil Merz ja nicht als Kanzler, sondern nur als CDU-Chef gesprochen habe. Doch dürfen die Bundesbürger – alle, auch die vielen fleißigen Menschen mit Migrationshintergrund – gerade von ihrem Kanzler erwarten, dass er „das Problem“ in ihren Innenstädten anpackt. Oder etwa nicht?GEORG.ANASTASIADIS@OVB.NET

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