Trump: Brauchen Waffen selbst

von Redaktion

Empfang ohne Eklat? US-Präsident Donald Trump begrüßt Wolodymyr Zelensky an der Türe. © Alex Brandon/dpa

Washington – Auch dieser Abend beginnt wunderlich, aber wenigstens nicht mit einem Eklat. Donald Trump lässt Wolodymyr Selenskyj einige Minuten warten, denn er hat noch einen anderen, offensichtlich wichtigen Gast: Andrea Bocelli, berühmter Tenor, ist im Oval Office. Trump lässt die Musik laut aufdrehen, und der Italiener stimmt ein, singt ein paar Takte. „Time to Say Goodbye“ weht durch die offene Seitentür in den Garten.

Selenskyj, der sich auf Washington-Reisen gewiss über nichts mehr wundert, wird es recht sein, wenn ihn Trump etwas später, dafür beschwingt empfängt. Der Besuch des ukrainischen beim amerikanischen Präsidenten ist ja heikel, man denkt an den Eklat samt Rauswurf von Februar; oder den nächsten, harmonischeren Besuch im August, als aber ein Dutzend europäische Staatenlenker, darunter Friedrich Merz, eilig in die USA eilten, um Selenskyj Flankenschutz bei diesem Besuch zu geben.

Das Treffen am Freitagabend, bei Redaktionsschluss noch nicht beendet, nimmt zumindest einen höflichen Anfang. Als Bocelli verklungen ist, schreitet Trump zum Eingang des Weißen Hauses und empfängt den Ukrainer mit einem kräftigen Händedruck. „Ein sehr starker Anführer, ein Mann, der viel durchgemacht hat“, preist er den Gast direkt danach beim gemeinsamen Essen. Trump wiederholt, er wolle den Krieg in der Ukraine beenden, so wie er „nach tausenden Jahren“ den Nahost-Krieg gestoppt habe.

Aber wie? Teil von Trumps Plan ist ein weiteres Treffen mit Kreml-Chef Wladimir Putin, das schon bald in Ungarn stattfinden soll. Selenskyj soll nicht dabei sein („zu viel böses Blut zwischen den Präsidenten“), aber für Verhandlungen in Reichweite sein. Offenbar haben Trump und Putin das bei einem Telefonat am Donnerstag so besprochen. Was das bringt, ist nicht absehbar; das Putin-Trump-Treffen in Alaska im August war ja bereits ergebnislos geblieben, obwohl Trump direkte Verhandlungen zwischen Selenskyj und Putin ankündigte. Dazu kam es nie; Russland setzte seine Angriffe mit unverminderter Härte fort.

Womöglich gelang es Putin auch diesmal, Trump zu umgarnen. Seit Freitag bröckelt nämlich die große, seit vielen Wochen klar geäußerte Hoffnung der Ukrainer, von Trump die wirkmächtigen Marschflugkörper Tomahawk zu bekommen. Mit dieser Zusage hatte Trump ein paar Tage gespielt; am Donnerstag führte Selenskyj in Washington sogar Gespräche mit Vertretern des US-Rüstungsunternehmens Raytheon, das Tomahawk sowie Patriot-Systeme herstellt. Sogar über eine gemeinsame US-ukrainische Produktion sei gesprochen worden, sagte der Präsident aus Kiew. Die Aussicht, dass die USA der Ukraine Tomahawk liefern könnten, zwinge Moskau zu Verhandlungen. „Wir können bereits beobachten, dass Moskau sich beeilt, den Dialog wieder aufzunehmen.“

Tomahawks haben eine Reichweite von bis zu 1600 Kilometern und würden der Ukraine damit Angriffe tief in russischem Gebiet ermöglichen. Genau hier scheint Trump aber wieder einzuknicken. Amerika habe der Ukraine so viele Waffen geliefert, die man eigentlich selber brauche, sagt er beim Essen zu Selenskyj, so zeigen es Videomitschnitte. „Wir reden darüber. Aber hoffentlich kriegen wir den Krieg ohne Tomahawk beendet.“

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte am Freitag mit Blick auf ein Trump-Putin-Treffen, die Außenminister Sergej Lawrow und Marco Rubio würden per Telefon und bei einem Treffen „daran arbeiten“, offene Fragen vorab zu klären. Das Treffen könne „in zwei Wochen oder etwas später stattfinden“.

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